ENSEMBLE Nr. / N° 23 - November / Novembre 2017

24 Fokus —– ENSEMBLE 2017/23 Im Flüchtlingslager Shatila im Libanon leben auf einem Quadratkilometer rund 22 000 Flüchtlinge aus Syrien und Palästina unter schwierigsten Umständen. HEKS leistet ge- meinsam mit der Partnerorganisation Najdeh Nothilfe, um die prekären Lebensumstände zu verbessern. Mit der Kampagne in der Ad- ventszeit berichtet HEKS von diesem Engage- ment. Khalid Grein, Programmverantwort- licher für die Nothilfe im Libanon, erzählt. Interview von Lisa Krebs Herr Grein, wie müssen wir uns das Leben in Shatila vorstellen? Man muss es sich wie einen Slum vorstellen. Die meisten Behausungen sind feucht und von Schimmel befallen, Wasser dringt durch die Wän- de und Dächer. Die Woh- nungen sind dunkel, es dringt kaum Licht durch die wenigen Fenster. Da es kaum Wohnraum vor der Syrienkrise in die- sem Camp gab, sind die Menschen gezwungen, horrende Mieten für die manchmal fensterlosen Räume zu bezahlen. Die Flüchtlinge dürfen offi- ziell nicht arbeiten. Die- jenigen, die Arbeit fin- den, arbeiten illegal und haben keine Rechtssi- cherheit. Die Anstellung wird mündlich gemacht, es werden Dumping- Löhne bezahlt. Eine jun- ge Frau mit vier Kindern sagte mir, dass sie 10 Dollar am Tag verdiene. Das ist weit unter dem, was als Mindestlohn betrachtet wird. Die meisten müssen als Tagelöhner arbeiten, auch hoch qua- lifizierte Personen. Es gibt im Lager eine Schule der UNO, die bis zur 6. Klasse geht. Sie platzt aber aus allen Nähten. Welches sind die grössten Bedürfnisse der Flücht- linge? Es mangelt an allem, aber vor allem an ausrei- chenden Einkommen, um die Grundbedürfnisse abzudecken. Viele wollen arbeiten, um für ihre Familien sorgen zu können. Sie wollen keine Al- mosen. Viele würden wieder zurück nach Syrien gehen, wenn es dort sicher wäre, da sie daheim ein besseres Leben hatten. Welche Unterstützung vonseiten des Staats gibt es? Absolut keine. Welche Hilfe leisten HEKS und seine Partner­ organisation? 1200 Flüchtlingsfamilien erhalten 50 Dollar pro Monat über einen Zeitraum von zwölf Monaten. 240 besonders bedürftige Familien können durch ein Familienmitglied mit gemeinnütziger Arbeit zusätzliche 50 Dollar dazuverdienen. Dazu gehört vor allem die Müllabfuhr in Shatila und einem weiteren Flüchtlingslager, davon profitieren indi- rekt 50 000 Menschen. Zudem wurden 80 Wohn- einheiten instandgesetzt, um ein menschenwür- diges Leben zu ermöglichen. Welches sind die grössten Herausforderungen für HEKS und Najdeh? Die Bedürfnisse sind weit grösser als die Hilfe, die wir leisten können. Dass die Flüchtlinge abso- lut keine Rechte haben, ist ebenfalls eine der grössten Herausforderungen. Libanon hat in Relation zur ständigen Bevölkerung einen sehr hohen Anteil an Flüchtlingen. Wie ist die Stimmung der Wohnbevölkerung gegenüber den Geflüchteten? Ich habe das Gefühl, man hofft darauf, dass die Flüchtlinge aus Syrien zurückgehen. Der Libanon hat am Anfang die Flüchtlinge mit seiner typi- schen offenen Gastfreundschaft empfangen. In- zwischen ist die Stimmung gekippt, da die knap- pen Ressourcen im Land überstrapaziert werden. Die Arbeitslosigkeit war vor der Syrienkrise schon sehr hoch. Nun ist sie weiter gestiegen. H E K S - K A M P A G N E Die Kinder von Shatila Unterstützen Sie die Kampagne! Die Kirchgemeinden sind auch dieses Jahr auf- gerufen, die HEKS-Kampagne vom 27. Novem- ber bis am 9. Dezember finanziell und ideell zu unterstützen. Es wird ein Beitrag von 40 Rappen pro Mitglied empfohlen, falls nicht bereits ein höherer Beitrag an HEKS bezahlt worden ist. Weitere Informationen und Arbeitsinstru- mente für Kirchgemeinden: www.fragen-sie-leila.ch ©Christian Bobst Khalid Grein

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=