ENSEMBLE Nr. / N° 24 - Dezember / Décembre 2017

12 Dossier —– ENSEMBLE 2017/24 STILLE GESPRÄCHE FAMILIE MIT MIGRATIONSHINTERGRUND Die Familie Yasotharan aus Liebefeld hat tamilische Wurzeln und ist eine ganz normale Familie. Er arbeitet, sie kümmert sich um die Kinder, die in der Schule gut vorankommen. Ganz normal? Ihr Beispiel zeigt, was mit Wille und Engagement alles möglich ist. Von Adrian Hauser Wenn es an der Haustür läutet, blinkt ein Licht im Wohnzimmer. Klingelt das Telefon oder würde der Rauchmelder Alarm schlagen, blinkt das Licht in einem jeweils anderen Rhythmus. Und wenn die Kinder mit den Eltern diskutieren, ist es trotzdem ganz still in der Wohnung. Shamini und Gnana- lingam Yasotharan sind gehörlos. Der 10-jährige Abinash und die 7-jährige Akshaya sind nicht zu- letzt deswegen mehrsprachig: Problemlos kom- munizieren sie in Berndeutsch, Tamilisch – oder eben in Gebärdensprache. Die beiden Eltern kennen sich seit der Schulzeit in Sri Lanka. Er sei schnell in sie verliebt gewesen, schmunzelt Shamini, bei ihr ging es etwas länger, bis das Eis brach. Richtig zusammen kamen sie nämlich erst in der Schweiz. Er verliess gemeinsam mit seinem Bruder Sri Lanka Ende der 90er-Jahre und landete über Umwege hier. Sie kam 2004 nach und bald heirateten die beiden – mit dem gegenseitigen Einverständnis beider Familien, wie das in ihrer Kultur üblich ist. Hier sei am Anfang schon vieles sehr anders gewesen als in ihrer Heimat. Wen wunderts: anderes Klima, andere Mentalität, anderer Alltag. Doch Yasotharans fanden sich sehr schnell zurecht in der Schweiz und fühlen sich sichtlich wohl. Mit Händen und Füssen Auch der Alltag hat sich eingependelt. Frau Yasotharan kümmert sich hauptsächlich um Kin- der und Haushalt, während Herr Yasotharan in der Küche eines italienischen Restaurants in Gümligen arbeitet. Dort hilft er bei den Vorberei- tungen, beim Kochen und erledigt den Abwasch. Er hat ein Pensum von 100 Prozent und unter- schiedliche Arbeitszeiten. So arbeitet er beispiels- weise am Sonntagnachmittag, am Samstag hat er aber immer frei und hat Zeit für die Familie. Gemeinsam als Familie gehen sie gerne Freunde und Bekannte besuchen oder machen sich auf Entdeckungsreise nach unbekannten Orten in der Schweiz. Mit ihrem Umfeld klappe die Kommuni- kation sehr gut, quasi mit Händen, Füssen und Verstand finde man immer einen Weg, sich ver- ständlich zu machen. Da Shamini Yasotharan die Deutschschweizer Gebärdensprache beherrscht, kann sie sich auch gut mit Deutschschweizern unterhalten. Wenn nötig über eine Gebärden­ dolmetscherin wie bei diesem Gespräch. Bescheiden und engagiert Die Familie Yasotharan ist ein Beispiel dafür, was alles mög- lich und machbar ist, wenn der Wille da ist. Für die Kinder ist der Umgang mit ihren gehör­ losen Eltern ganz natürlich. Flink bewegen sie sich in bei- den Welten. Jener der Hören- den und jener der Nichthören- den. Und: Beide können schnell rennen. Jedes Jahr findet in Bern ein Sportwettkampf von allen tamilischen Schulen in der Schweiz statt. Im Rennen kamen beide schon aufs Podest. «Dort im Schrank sind unsere Pokale», sagt Abinash stolz. Und schnell wird klar: Die Yasotharans sind eine beschei- dene Familie. Schon fast gut schweizerisch stellen sie ihr Licht eher unter den Scheffel, als Erfolge allen sichtbar zu machen. Doch Abinash hat ein kleines Problem: Er isst nicht gerne scharf – «eher so mittel- scharf», wie er sagt. Und das könnte eher schwierig sein bei der traditionell würzigen tami- lischen Küche. Am liebsten isst er wie viele Kinder Fast Food: Kebab, Hamburger, Pommes und Konsorten. Seine Mutter

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