ENSEMBLE Nr. / N° 24 - Dezember / Décembre 2017

5 ENSEMBLE 2017/24 —– Dossier berufliche und höhere Bildung für Frauen sind nunmehr eine Selbstverständlichkeit. Diese Ent- wicklungen geben viel Anlass zur Besorgnis: Noch nie wurde so spät und so wenig geheiratet wie heute – noch nie so viel geschieden, noch nie so wenig Kinder geboren. Dafür nehmen alternative Formen des Zusammenlebens zu, namentlich Patchworkfamilien, Einelternfamilien, kinderlose Paare und Wahlverwandtschaften.  Neuer Aufwind für traditionelle Werte Diese Entwicklung als Indiz eines Bedeutungs- schwunds der Familie zu interpretieren, greift zu kurz. Denn trotz der weitverbreiteten Meinung, dass die Familie ein Auslaufmodell sei, hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten das Modell «verhei- ratetes Elternpaar mit zwei Kindern» verfestigt. Die grosse Mehrheit (78%) der Kinder und Jugend- lichen unter 25 Jahren lebt in der Schweiz zusam- men mit ihren verheirateten Eltern. Diese Famili- enform scheint auch die Zielsetzung vieler junger Leute zu sein, denn sowohl die Herkunftsfamilie als auch die eigene Familiengründung haben für sie einen hohen Stellenwert. Traditionelle Werte wie verbindliche Dauerhaftigkeit und Verpflich- tung zur gegenseitigen Fürsorge erhalten gegen- wärtig neuen Aufwind. Sie sind eine Antwort auf eine unsichere und unverbindliche Welt. Aber ganz offensichtlich bleiben viele Träume auf der Strecke. Sind die Ansprüche zu hoch? Liegt es an den ungünstigen Rahmenbedingungen? Wohl beides. Garantin für Liebe und Sicherheit Tatsache ist jedenfalls, dass in Familien mehrheit- lich eine hohe Solidarität und Verbundenheit herrscht. Gleichzeitig stossen Familien an ihre Grenzen: Vereinbarkeitskonflikte Familie – Beruf, Orientierungslosigkeit bezüglich Erziehungs­ fragen, Eheprobleme, Scheidungen oder pflege- bedürftige Eltern sind die grossen Herausforde- rungen. Von Familien wird viel gefordert, gleichzeitig erfährt sie gesellschaftlich wenig Unterstützung. Die Lösung liegt weder in Drama- tisierung noch in Schönrederei. Es gilt einfach zu akzeptieren, dass sich die Formen des Zusammen- lebens verändern. Es geht aber auch darum, ernst zu nehmen, dass die Funktion der Familie nach wie vor dieselbe ist, nämlich Garantin für Liebe und Sicherheit zu sein. Um diese Funktion erfüllen zu können, braucht die Familie – unabhängig von ihrer Form – mehr Wertschätzung und Unterstüt- zung auf gesellschaftlicher und politischer Ebene. Das kommt nicht nur den Familien zugute, son- dern der gesamten Gesellschaft. © Imagopress /Patrick Lüthy Traditionelle Werte erhalten gegenwärtig neuen Aufwind. Un nouvel élan envers les valeurs traditionnelles.

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