ENSEMBLE Nr. / N° 25 - Januar / Janvier 2018

14 Dossier —– ENSEMBLE 2018/25 In vielen Kirchgemeinden gibt es Freiwillige, die Mitglieder zu Geburtstagen oder auch regelmässig besuchen. ENSEMBLE konnte bei einem Geburtstagsbesuch der Kirchgemeinde Ittigen mit dabei sein. Von Adrian Hauser Barbara Peter freut sich! Nicht alle Tage bekommt sie fremden Besuch, schon gar nicht in Begleitung eines Journalisten. Der Empfang ist freundlich, einladend, herzlich. Hört man ganz genau hin, wenn sie spricht, merkt man es. Barbara Peter ist nicht hier in Bolligen geboren und aufgewachsen. Und obwohl sie seit rund 60 Jahren hier lebt, hat sie ihre Muttersprache nicht verlernt. Fliessend und akzentfrei liest sie die niederländische Weis- heit auf einer Tafel, die als Souvenir an der Wand hängt. Beste Gesellschaft Anlass für den Besuch ist der 80. Geburtstag, den Barbara Peter kürzlich feiern konnten. Besucht wird sie von Christine Lehmann. Diese ist eine von rund zwölf Freiwilligen der reformierten Kirchge- meinde Ittigen, die regelmässige Geburtstagsbe- suche machen. Sie ist selbst pensioniert, und man merkt sofort, dass die ehemalige Pflegefachfrau sehr viel Empathie und ein noch grösseres Herz mitbringt. Sie begrüsst Fremde, wie wenn sie diese schon lange kennen würde, ist eine aufmerksame Zuhörerin, bei ihr ist man in bester Gesellschaft. Für den heutigen Besuch hat sie sich bei Barbara Peter vorgängig angemeldet. Denn es gibt hin und wieder auch Leute, die einen solchen Besuch nicht wünschen. Sei es, weil sie mit der Kirche nichts zu tun haben wollen, oder sonst zu beschäftigt sind. Dabei liegt es Christine Lehmann fern, durch die Besuche in irgendeiner Form missionieren zu wollen. Das Thema Kirche und Religion kommt dann zur Sprache, wenn sich die Situation ergibt. Grosse Verbundenheit Für Barbara Peter ist Religion kein Reizthema. Früher hat sie als Katechetin für die katholische Kirche gearbeitet. Heute besucht sie mal refor- mierte, mal katholische Gottesdienste – mal in Ittigen, mal in der Nachbargemeinde Bolligen. Besonders die reformierte Kirche in Bolligen hat es ihr angetan. Eine wunderschöne Kirche sei das, und begeistert schwärmt sie von der Installation der frisch reparierten Kirchenglocke vor noch nicht allzu langer Zeit. Die Holländerin sprüht vor Lebensfreude, wenn sie von Dingen erzählt, die ihr wichtig sind. Zum Beispiel von ihrem Mann, Paul. Den lernte sie in Enschede kennen, wo sie auch aufgewachsen ist. «Damals traf man sich noch nicht im Ausgang», schmunzelt sie. «Damals» war in den 50er-Jahren und die Jugend, vor allem als junge Frauen, noch nicht so frei wie heute. Paul hat es ihr quasi ins Haus geschneit. Sie lernte ihn über einen Schweizer Bekannten ihrer Schwester kennen, als dieser zusammen mit Paul zu Besuch kam. Sie erzählt es, wie wenn es gestern gewesen wäre, man spürt den Geist dieser Zeit, vor allem auch die Zuneigung und Verbundenheit, die das Ehepaar über all die Jahrzehnte zusammenge­ halten hat. Der Rest ist sozusagen Geschichte: Zwischen 1959 und 1964 sind ihre vier Töchter geboren, die ganz unterschiedliche Richtungen eingeschlagen haben. Eine ist Familienfrau in Frankreich, eine Lehrerin, eine arbeitet bei einer sozialen Organisation und die jüngste ist Journa- listin geworden. Bedarf an Freiwilligen «Die Peters sind schon oft mit uns in die Senioren- ferien gekommen», sagt Roland Baumann, Sozial- diakon und Leiter «60plus» der Kirchgemeinde Ittigen. Deshalb wurden die Peters für den Ge- burtstagsbesuch überhaupt «erfasst». «Denn nor- malerweise haben wir nur die Daten unserer reformierten Mitglieder», erklärt Roland Baumann. Doch wenn Personen der Kirchgemeinde bekannt, sie aber nicht Mitglieder der reformierten Kirche sind – wie etwa die katholischen Peters –, werden auch sie angesprochen. Dies ab dem 75. Altersjahr. Danach finden die Geburtstagsbesuche alle fünf B E S U C H S D I E N S T I T T I G E N Freude vermitteln Barbara Peter ©Adrian Hauser

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