ENSEMBLE Nr. / N° 26 - März / Mars 2018

5 ENSEMBLE 2018/26 —– Dossier ebenfalls Mittel, um eher kirchenferne Leute an­ zusprechen. In stark frequentierten Orten bietet es sich zudem an, einen Präsenzdienst zu organi­ sieren. Dies ist beispielsweise in der Heiliggeistkirche beim Hauptbahnhof in Bern der Fall. Es gibt ein Café, das zu bestimmten Öffnungszeiten allen offensteht. Dort finden die Besuchenden auch im­ mer ein offenes Ohr für ein Gespräch. Der Dienst wird durch viele Freiwillige gewährleistet, regel­ mässig stehen auch psychologisch oder theo­ logisch geschulte Personen für ein Seelsorge­ gespräch zur Verfügung. Ebenfalls werden Führungen durch den historischen Bau ange­ boten. «Ein persönliches Anliegen» Auch die Stadtkirche Solothurn bietet solche Füh­ rungen an. Der neoklassizistische Bau ist über­ 90 Jahre alt und gilt als einer der letzten Kirchen­ bauten des Historismus in der Schweiz. Bereits Heinz Däppens Grossvater war am Bau der monu­ mentalen Kirche beteiligt, nicht zuletzt deswegen ist er heute Führer und Sigrist der Kirche. «Diese Aufgabe ist mir ein persönliches Anliegen», er­ zählt Heinz Däppen. Denn lange sei der Neo­ klassizismus in Solothurn totgeschwiegen worden; die Kirche habe sogar als hässliches Entlein ge­ golten. Heinz Däppen will die Kirche durch seine Führungen wieder beliebt machen. Im Ge­ spräch mit ihm wird schnell klar: Nach gut 30 Jahren als Kirchenführer kann er historisch aus dem Vollen schöpfen. Das didaktische Rüstzeug dazu holte er sich in einem berufsbegleitenden Kurs als Kirchenführer. Letztes Jahr waren die Füh­ rungen rund um das Thema der Reformation auf­ gebaut und es gibt regelmässige Führungen zu­ sammen mit dem Organisten. Auch kommen immer wieder Schulklassen vorbei. So unter­ schiedlich die Führungen, so unterschiedlich also auch das Publikum. Von Pensionierten bis zu Kin­ dern führt Heinz Däppen rund zehn Mal im Jahr unterschiedliche Gruppen durch die Kirche. Auch sonst bemüht sich die Stadtkirche Solo­ thurn sehr um Gastfreundlichkeit. Dies zu Beginn aber nicht ohne Schwierigkeiten wie Pfarrer Koen De Bruycker zu berichten weiss. So habe bereits die Ausweitung der Öffnungszeiten Ängste ge­ schürt. Man befürchtete Vandalismus, doch seit der Öffnung im Jahre 2014 ist kaum etwas passiert. Die eine oder andere Kerze habe mal gefehlt, an­ sonsten haben sich die Befürchtungen zum Glück nicht bewahrheitet. Zusätzlich gibt es in der Solothurner Kirche ein Gästebuch, einen Raum der Stille, eine Ecke mit Kaffee und Wasser und Lesesessel. Für De Bruycker ist es die Summe vieler Details, die einen Raum gastfreundlich machen: Sauberkeit, Ordnung, Blumenschmuck, Beleuch­ Raum der Stille in der Stadtkirche Solothurn. Espace de silence dans la Stadtkirche de Soleure. ©Alena Lea Bucher

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