ENSEMBLE Nr. / N° 31 - August / Août 2018

25 ENSEMBLE 2018/31 —– Kreuz und quer Am 21. Juni besuchte Papst Franziskus den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf, um dessen 70-jähriges Jubiläum zu begehen. ENSEMBLE war mit dabei. Susanne Schneeberger * – Vor dem Hintergrund des «Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens», zu welchem der Ökumenische Rat der Kirchen ÖRK nach der 10. Vollversammlung in Busan 2013 seine Mitgliedskirchen aufrief, standen die 70-Jahr-Ju­ biläumsfeier und auch der Besuch des Papstes Franziskus. Ein dichtes Programm erwartete den fragil wirkenden Papst in Genf. Dies mit einem ökume­ nischen Gebet in der Kapelle des Ökumenischen Zentrums, einem kurzen Abstecher zum Studien­ zentrum nach Bossey und einem Treffen mit den Mitgliedern des Zentralausschusses des ÖRK. An­ schliessend war noch eine katholische Messe vor über 40 000 Gläubigen vorgesehen. Mitglieder der ökumenischen Bewegung fei­ erten gemeinsam in der Kapelle des Ökumeni­ schen Zentrums. In seiner Predigt stellte Papst Franziskus klar: «Ich wollte unbedingt persönlich an dieser Feier teilnehmen, als Zeichen des ge­ meinsamen ökumenischen Weges, den es fortzu­ setzen gilt.» Keine Gewalt an Frauen Er unterstrich die Bedeutung der ökumenischen Bewegung und des Beitrags des ÖRK dazu: «Die Ökumene hat uns dem Willen Jesu entsprechend in Bewegung gesetzt und wird voranschreiten können, wenn sie immer unter der Führung des Heiligen Geistes steht.» Er führte aus, dass es in der Ökumene nicht um konfessionelle Eigeninte­ ressen gehe, auch wenn die Überwindung von jahrhundertealten Gegensätzen und Feindselig­ keiten schwierig sei, sondern um einen aufrichtig gemeinsamen Aufbruch in Richtung Einheit. Als Teil dieses Aufbruchs wollte der Papst seinen Besuch in Genf verstanden wissen. Bei den Vorträgen vor den Vertreterinnen und Vertretern des Zentralausschusses wich Agnes Abuom, Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, in ihrer Ansprache als Vorrednerin des Papstes von ihrem Text ab und wies auf die Bewegung «Donnerstag in Schwarz» hin. Diese hat zum Ziel, Gewalt an Frauen sichtbar zu machen. Deshalb seien so viele Frauen auch an diesem Tag schwarz gekleidet. Sie forderte den Papst direkt auf, Teil dieser Bewegung zu werden und mitzuhelfen, Ge­ walt an Frauen und Kindern ein Ende zu setzen. P A P S T B E S U C H I N G E N F Gemeinsam unterwegs sein Papst Franziskus bedankte sich für ihre Gedan­ ken, verpasste aber die Möglichkeit, sich in dieser Frage zu äussern, und ging leider nicht auf ihre Aufforderung ein. Er stellte seine Reflexionen unter das Thema: Gemeinsam unterwegs sein, beten und arbeiten, wobei er einerseits die Be­ deutung des Gebets als Sauerstoff für die Ökume­ ne hervorhob. Andererseits bemerkte er, dass in­ nerhalb der Ökumene die Zusammenarbeit auf theologischer Ebene, im interreligiösen Dialog und vor allem auf diakonischer Ebene weit ge­ diehen sei. Kräfte des Dialogs Martin Robra, evangelischer Pfarrer und Berater des Generalsekretärs des ÖRK, meinte, dieser Besuch stärke die konkrete ökumenische Arbeit zwischen ÖRK und römisch-katholischer Kirche. Er nimmt wahr, dass Vertreter des Vatikans an einem Ausbau der theologischen Zusammenarbeit interessiert seien. Selbstkritisch merkte Robra an, dass in wich­ tigen Themen wie Fragen um das Amtsverständ­ nis, die apostolische Sukzession oder die Rolle der Frau in den letzten Jahrzehnten keine Fortschrit­ te gemacht worden seien. Trotzdem überwiegt auch bei ihm ein positives Fazit. Dass der Papst von Rom ins reformierte Genf gereist ist, sei ein wichtiger Schritt für gleich­ wertige Beziehungen zwischen den Konfessionen und stärke die Kräfte des Dialogs. Ökumenisches Gebet in der Kapelle des Ökumenischen Zentrums in Genf: Olav Fykse Tveit (Ge- neralsekretär ÖRK), Papst Franziskus, Agnes Abuom (Vor- sitzende des ÖRK- Zentralausschusses), Metropolitan Genna- dios of Sassim, Kardinal Kurt Koch, Hanbeet Rhee (ÖRK Jugendberaterin). Prière œcuménique dans la chapelle du Centre œcuménique à Genève: Olav Fykse Tveit (secrétaire général du COE), le pape François, Agnès Abuom (prési- dente du Comité central du COE), le métropolitain Gennadios de Sassim, le cardinal Kurt Koch et Hanbeet Rhee (animatrice de jeunesse du COE). * Beauftragte weltweite Ökumene ©Magnus Aronson

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=