ENSEMBLE Nr. / N° 32 - Oktober / Octobre 2018

13 ENSEMBLE 2018/32 —– Dossier Wie arbeiten Sie? Ein Teil unserer Arbeit im Labo Khi besteht in Recherche. Wir führen Befragungen durch, wir bilden uns anderswo weiter. Wir werden dem­ nächst nach New York reisen und uns einen Über­ blick verschaffen, welche Reformen dort ange­ strebt werden. Wir haben bereits London, Paris und andere Städte besucht. Ein weiterer Teil mei­ ner Arbeit: Ich gehe zu Kirchgemeinden und in die Regionen und biete dort den jeweiligen Be­ dürfnissen angepasste Interventionen an. Wir haben keine fertigen Lösungen, wir versuchen vielmehr, zu begleiten und die richtigen Fragen zu stellen. Wir haben zu diesem Zweck verschie­ dene effiziente Werkzeuge entwickelt. Beispiels­ weise das Spiel mit den 32 Aussagen, die es den Verantwortlichen in den Kirchen ermöglichen, eine Auslegeordnung der von ihnen angebotenen Aktivitäten zu machen. Dieses Werkzeug kann eine Gruppe dazu anregen, neue Wege zu gehen. Die Antworten der Beteiligten werden in Verbin­ dung gesetzt zu neun Wachstumsfaktoren, die von der anglikanischen Kirche in Grossbritannien aus­ gearbeitet worden sind: Überzeugungskraft und Wichtigkeit des Evangeliums, Leadership, spiri­ tuelle Bildung und persönliche Entwicklung, Offenheit, Geselligkeit und Nähe, Angebot für Kinder und Jugendliche, Mobilisierung der welt­ lichen Personen, Bereitschaft zu Veränderungen, Übereinstimmung mit dem sozialen Umfeld. Die allgemeine Idee, die dahintersteckt: Es sollen Ent­ wicklungspotenziale für die Kirchgemeinden identifiziert werden. Darüber hinaus haben wir das «Jeu Evang’îles» entwickelt, ein Spiel, das den Teilnehmern eine Stimme verleiht und ihnen die Möglichkeit gibt, ihren Glauben und ihre Über­ zeugungen darzulegen. Wie können junge Menschen angesprochen werden? Ich bin im EERV auch verantwortlich für den Ausbildungsdienst, dem die Abteilung Kinder, Jugend und das Bildungsinstitut «Cèdres Forma­ tion» angeschlossen sind. Auch in diesem Bereich versuchen wir, Wege zu finden, wie wir mit Jugendlichen und ihren Familien in Kontakt treten können. Das ist nämlich der schwierige Teil der Aufgabe. Anlässe wie der kantonale Kindertag, der letztes Jahr im Rahmen des Reformationsjubi­ läums durchgeführt wurde, brachte zwar 1000 Kinder in die Lausanner Kathedrale. Aber die Jugendlichen tanzen auf vielen Hochzeiten. Wir versuchen deshalb, Angebote «à la carte» zu ge­ stalten, mit Lagern etwa, und dabei zu nutzen, dass sich Jugendliche gern zu Gruppen zusam­ menschliessen. Es ist wichtig, die Jugendlichen anzusprechen, und wir sollten hier auch viel mutiger werden, denn Jugendliche sind gegen­ über der Religion oft weniger voreingenommen als ihre Eltern. Für die Jugendlichen ist Jesus so interessant wie Harry Potter. Man kann mit ihnen aber auch Texte lesen und mit ihnen Überlegun­ gen zu ihrer Bedeutung für ihr Leben anstellen. Für die älteren Jugendlichen können Formen von Feierlichkeiten wie die «Messy Church» interessant sein. Wir stehen in Verbindung mit der Gruppe «Agora», einer erst kürzlich ins Leben gerufenen Synode von jungen Menschen der reformierten Kirche des Kantons Waadt. Zudem haben wir «World Cafés» organisiert, um uns mit ihnen über ihre Erwartungen und Bedürfnisse unterhalten zu können. Anschliessend versuchen wir, die Führungspersonen anzusprechen und ihnen sinn­ volle Ausbildungen vorzuschlagen. Haben Sie noch weitere Projekte entwickelt? Wir haben die Zusammenkünfte «Brico-Church» aufgegleist, das sind Workshops, an denen krea­ tive Entwicklungsgruppen teilnehmen, um Ideen zu konkretisieren. Es geht darum, neue Aktivitäten für Personen vorzuschlagen, die nicht regel­ mässige Gäste der Kirchgemeinde sind. Es kann sich dabei um eine offene Kirche handeln, um einen Auftritt an einem Markt oder um eine nach Hause gelieferte Mahlzeit mit Verkündung des Evangeliums. Einige dieser Aktionen waren erfolg­ reich, etwa die «Oasis Nomade» in Vevey, die jeden Monat einen neuartigen Gottesdienst für «externe» Personen durchführt. Oder auch die Kirchgemeinde La Sallaz, welche die Räumlich­ keiten ihrer Kirche mit Sofas ausgestattet und neu gestaltet hat. Kurzum: Wir versuchen, die Leute zu ermutigen und zu aktivieren. Wir sind moti­ viert und überzeugt: Wir müssen uns darauf kon­ zentrieren, die Werte des Evangeliums zu vermit­ teln. Dies, auch wenn wir uns bewusst sind, dass die Mittel und das Personal der Kirche weiter abnehmen werden. Simon Weber zVg

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