ENSEMBLE Nr. / N° 33 - November / Novembre 2018

22 Fokus —– ENSEMBLE 2018/33 tentum als Religion der Heilung zu folgen.» Und: «Christus verkündete und er heilte Menschen.» Der Referent räumt ein, für die Kirchen stehe die Verkündigung stärker im Fokus. Er versteht das Christentum als «Religion der Heilung», deshalb müssen die Kirchen im Gesundheitswesen eine Rolle spielen. «Jesus berührt, er verbindet sich mit den Menschen, holt sie in die Gemeinschaft.» Damit schlägt Peng-Keller den Bogen zur Care Community, zur gemeinschaftsbasierten sorgen­ den Gemeinde. Palliative Care, verstanden als zivilgesellschaft­ liche Aufgabe in einer sorgenden Gemeinschaft, beinhaltet eine Kritik: Laut Peng-Keller gibt es die Tendenz, die Begleitung und Betreuung von Schwerkranken und von Menschen in der Lebens­ endphase zu medikalisieren und an Profis zu de­ legieren, anstatt sie auch als Aufgabe einer Ge­ meinschaft von Menschen mit palliativem und spirituellem Know-how zu verstehen. Für Spiritual Care sei zentral, dass Menschen sich in der End­ phase ihres Lebens als Teil einer grösseren Ge­ meinschaft erleben können. Dazu bedürfe es umsorgender und sorgender Menschen und Ge­ meinschaften wie gemeinschaftsbasierter Caring Communities. Gleichzeitig fordert Peng-Keller, Palliative und Spiritual Care seien als Teil der öf­ fentlichen Gesundheitsversorgung, zu verstehen. Kleine Christliche Gemeinschaften «Eigentlich nichts Neues» sei, was sie in den Klei­ nen Christlichen Gemeinschaften (KCG) tun: «Für Menschen da sein, damit sie Zugehörigkeit und Bedeutung erfahren.» Priska Blattmann, Marianne Reiser und Pfarrer Martin Piller von der Pfarrei Zürich-Seebach erzählen, eine «Inspiration aus Südafrika» habe 2006 zum Experiment KCG ge­ führt – heute sind 40 bis 50 Personen lose mit die­ sen vier Quartier-Gemeinschaften verbunden oder konkret engagiert. «Alle gehören dazu, aber nicht alle gehen zum Bibelteil.» Die Teilnehmenden «verstehen sich als Kirche ohne Hauptamtliche, wir sind selbstbestimmt und selbsthörend unter­ wegs». Priska Blattmann und Marianne Reiser er­ zählen von Nachbarschaftshilfe und Integration erkrankter Personen, von Unterstützung beim Leben und Begleitung beim Sterben. Während die Pfarrei für dieses Miteinander zu gross sei, eigne­ ten sich Nachbarschaften, Quartiere besser dafür. Über die Jahre habe sich die Zusammenarbeit und Vernetzung der KCG mit vielen anderen kleinen Gemeinschaften ergeben. Pfarrer Martin Piller sieht sich in diesem Geschehen als «Ermöglicher» Den kirchlichen Einsatz für Caring Commu- nities und Palliative Care in den Gemeinden begründen, mit Beispielen dazu anregen und durch den Austausch das fachliche Netz- werk stärken: Dazu hat die Fachgruppe Palliative Care der Diakonie Schweiz im Sep- tember ökumenisch nach Zürich eingeladen. Von Gerlind Martin Cornelia Coenen-Marx, deutsche Pfarrerin und Publizistin, nennt an der Tagung mehrere Gründe, weshalb Konzepte wie jenes der sorgenden Ge­ meinschaften (Caring Communities) wichtig sind. Zum Beispiel die demografische Entwicklung. Das lange Leben bewirkt individuell und gesellschaft­ lich neue Situationen. Die aktuell am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe ist jene der Ü100; gemäss einer Studie leben in zwölf Jahren die Mehrzahl der 90-Jährigen und Älteren zu Hause. «Was», fragt Mitorganisatorin Jeanine Kosch von der Schweizer Bischofskonferenz, «was bieten die Kirchen diesen Personen an?» Coenen-Marx ver­ weist auf die Zunahme von – und die Nachfrage nach – neuen Wohnformen oder die Entwicklung von ambulanten Palliative-Care-Diensten: Viele Menschen wollen zu Hause leben, nicht in Insti­ tutionen; viele möchten zu Hause ambulant me­ dizinisch und pflegerisch betreut werden, auch zu Hause sterben. «Hier liegt eine besondere Auf­ gabe für Kirchgemeinden, das Geheimnis ist eine neue Zusammenarbeit verschiedener Dienste», sagt Coenen-Marx, «Caring Communities leben von guten Netzwerken.» Kirchliche und Palliativfachleute haben sich im Ausland, etwa in Indien, umgesehen und von gemeindebasierten Palliative-Care-Angeboten in­ spirieren lassen. «Wie», fragt nun Mitorganisator Pascal Mösli, Beauftragter für Spiritual Care der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, «wie können wir Palliative Care in hiesigen Gemeinden und Pfarreien gut verankern?» Dabei soll helfen, was bereits wirkt. Doch davon später. «Religion der Heilung» Warum sollen Kirchen als Partnerinnen unter an­ deren mitwirken bei Palliative Care und sorgen­ den Gemeinschaften? Darauf antwortet Simon Peng-Keller, Theologe und Professor für Spiritual Care an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich. «Gott wendet sich dahin, wo Menschen sich abwenden: Dieser Bewegung hat das Chris­ C A R I N G C O M M U N I T I E S Letzte Hilfe

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