ENSEMBLE Nr. / N° 34 - Dezember / Décembre 2018

18 Fokus —– ENSEMBLE 2018/34 FAMILIENORIENTIERTE KIRCHE EIN LUXUS? KIRCHE UND FAMILIE *Theologische Mitarbeiterin selbst entscheiden, was es glauben will» liegt nahe und ist gesellschaftlicher Mainstream. Wie ange­ sprochen, funktioniert Religiosität so nicht, denn Religiosität ist wie ein Muskel, der trainiert werden muss. Mit der Metapher des Rucksacks gesprochen: Wenn der Rucksack leer ist, kann auch nichts Lebensdienliches herausgenommen werden. Doch wie und womit füllen wir diesen Rucksack? Die Kirche als Begleiterin der Familie Die christliche Tradition darf mutig davon aus­ gehen und stolz darauf sein, dass sie unglaublich viel Inhalt für diesen Rucksack zu bieten hat. In jeder Lebensphase stellen sich andere existenzielle Fragen und stehen andere Erfahrungen im Zent­ rum. So stehen beispielsweise bei der Geburt eines Kindes die Erfahrung des Wunders des Lebens und der Wunsch, dieses Leben willkommen zu heissen und zu feiern, im Zentrum. Hier kennt die Kirche in ihrer Tradition verschiedene Formen, diese Er­ fahrung zu begleiten. Denken wir zum Beispiel an die Taufe oder an Segensfeiern. In den Teenagerjahren stehen andere Fragen im Zentrum: Wer will ich werden? Was kann ich mir zutrauen? Hier müssen Formen gefunden werden, in denen die Jugendlichen partizipieren, Gemeinschaft erleben, Deutungsangebote für das Leben erhalten und experimentieren können. Bei der Stärkung und Begleitung der Kinder und Ju­ gendlichen darf nicht ausser Acht gelassen wer­ den, dass die Kirche hier nur punktuell unterstüt­ zen kann – womit wir wieder bei der Familie und Das beste Rezept gegen den Bedeutungs- verlust der Kirche ist, die Familien stärker einzubinden und so die Kinder kirchlich zu sozialisieren. Dabei stellen sich in unter- schiedlichen Entwicklungsphasen unter- schiedliche Fragen. Von Franziska Huber* Einer der bekanntesten Religionssoziologen unse­ rer Zeit, Detlef Pollack, wird immer wieder gefragt, wie die Kirche auf die zunehmende Konfessions­ losigkeit und den wachsenden Bedeutungsverlust des christlichen Glaubens reagieren soll. Verein­ facht gesagt, antwortet Pollack darauf jeweils, dass die Kirchen in Familien investieren sollen. Wobei er mit dem Begriff Familie keineswegs nur das «klassische» Vater-Mutter-Kind-Beziehungs­ geflecht meint, sondern andere Familienmodelle mit einschliesst. Für Pollack und andere Religions­ soziologinnen und Religionspädagogen ist klar, dass die religiöse Prägung des Familienlebens für die Weitergabe des Glaubens entscheidend ist. Die Kirche braucht also die Familie, da die Familie das wichtigste Bindeglied zwischen der Kirche und den Einzelnen ist. Die Kindheit ist zudem eine der wichtigsten Phasen für die religiöse Entwicklung eines Menschen. Im Laufe eines Lebens schliesst die einzelne Christin, der einzelne Christ immer wieder an diese Kindheitserfahrungen an, was für die spätere Mitgliedschaft und eigene Weitergabe von Glaubenserfahrungen entscheidend ist: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr! Der gepackte Rucksack Wie schaffen wir es nun aber, dass Menschen mit einem gepackten Rucksack, gefüllt mit religiösen Erfahrungsschätzen, durchs Leben gehen können? Wir dürfen getrost davon ausgehen, dass Eltern ihren Kindern Urvertrauen, Werte und eine lebens­ bejahende Grundhaltung mitgeben wollen. Gleich­ zeitig erfahren sich Eltern oft als sprachlos, wenn es um die religiöse Erziehung ihrer Kinder geht. Die Flucht in Aussagen wie «mein Kind soll einmal Workshop «Neue Ideen für die Eltern- und Familienarbeit» Der Workshop «Neue Ideen für die Eltern- und Familienarbeit» vom 4. Dezember 2018, von 14 bis 16.30 Uhr, im Haus der Kirche, Altenberg­ strasse 66, Bern, bietet eine Einführung ins neue Handbuch, Fachimpulse zum Thema Kinder und Familien in der Kirche und Praxisworkshops zu ausgewählten Bausteinen. Referierende: Dorothea Meyer-Liedholz, Projektleiterin, Re­ formierte Kirche Kanton Zürich; Patrick von Siebenthal, Mitautor; Katharina Wagner, Ver­ antwortliche Kinder und Familien.

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