ENSEMBLE Nr. / N° 35 - Januar / Janvier 2019

14 Dossier —– ENSEMBLE 2019/35 Kirchliche Mitarbeitende mit Kleinpensen fallen oft durch die Maschen der Alters- vorsorge. Dabei gäbe es Möglichkeiten, sie zu versichern und damit vor der Alters- armut zu bewahren. Von Roland Stach* Karin M. ist 42 Jahre alt, geschieden und Mutter von zwei Kindern im Teenageralter. Sie arbeitet als Sigristin in einer kleineren Kirchgemeinde, daneben hat sie eine Anstellung als Reinigungs­ kraft an der örtlichen Kreisschule. Mit den beiden Tätigkeiten verdient sie gerade genug, um über die Runden zu kommen. Anläss­ lich eines Gesprächs mit dem Ortspfarrer erzählt sie von Zukunftsängsten, davon, dass schon ihre Mutter in die Altersarmut abgerutscht sei und sie sich vor dem gleichen Schicksal fürchte. Zwar ver­ diene sie deutlich mehr als das notwendige Mini­ mum, um pensionskassenpflichtig zu sein, jedoch bei zwei verschiedenen Arbeitgebern. Der Pfarrer verspricht, sich für sie einzusetzen, und nimmt zuerst mit der Einwohnergemeinde Kontakt auf mit dem Anliegen, man möge doch nach Wegen suchen, um mit der Kirchgemeinde zusammen eine Versicherungslösung für Karin M. zu finden. Dasselbe Anliegen unterbreitet er auch dem Finanzverwalter der Kirchgemeinde. Zwei Möglichkeiten Die Antworten, die der Pfarrer nach einiger Zeit erhält, sind ernüchternd. Die Einwohnergemeinde lehnt eine entsprechende Lösung ab mit der Be­ gründung, man wolle in der Sache Karin M. kein Präjudiz schaffen, da man sonst andere Teilzeit­ mitarbeitende auch versichern müsse. Der Finanzverwalter der Kirchgemeinde argu­ mentiert gegen eine Lösung mit der Begründung, dann kämen die Katechetinnen auch und das würde die Kirchgemeinde zu viel Geld kosten. Es sind öfters kirchliche Mitarbeitende, die auf­ grund von Kleinpensen durch die Maschen der Altersvorsorge fallen, selbst dann, wenn in der Summe das Einkommen eine Versicherung bei der Pensionskasse erfordern würde. Nicht selten trifft es dabei Katechetinnen, die in verschiedenen Kirchgemeinden jeweils nur einige wenige Lek­ tionen unterrichten können. Es wirkt befremdend, wenn die Kirche ihre Ver­ antwortung gegenüber Mitarbeitenden nicht wahrnimmt! Denn es gibt durchaus Möglich­ keiten, Teilzeitmitarbeitenden eine angemessene Altersvorsorge zukommen zu lassen. Dazu zwei Beispiele: Eine Katechetin unterrichtet in mehreren Kirchgemeinden jeweils nur wenige Lektionen, in der Summe erreicht sie ein PK-pflichtiges Einkom­ men. Die Lösung liegt darin, dass eine der betei­ ligten Kirchgemeinden das gesamte Einkommen versichert und den anderen Kirchgemeinden de­ ren Anteil an den Kosten in Rechnung stellt. Bei der Bernischen Pensionskasse kann man Personen, deren Einkommen knapp unter der Ein­ trittsschwelle liegen, die aber mindestens zu 20  Prozent beschäftigt sind, freiwillig versichern. Jede Kirchgemeinde kann ihre Angestellten sehr unbürokratisch mit einem Anschlussvertrag bei der Bernischen Pensionskasse versichern. Organisatorische Kreativität Welche Lösung im Einzelfall gewählt wird, ist letztlich nicht entscheidend, wichtig ist vielmehr, dass die Kirchgemeinden ihre Verantwortung den Mitarbeitenden gegenüber wahrnehmen. Auch dann, wenn es streng nach dem Buchstaben des Gesetzes nicht zwingend wäre. Karin M. ist nur ein Beispiel von vielen. Um sie und andere vor der Altersarmut zu bewahren, braucht es das Bewusstsein um die Situation, ein wenig organisatorische Kreativität und solidari­ sches Wohlwollen. Mehr nicht. F L A P R É V O Y A N C E V I E I L L E S S E D U P E R S O N N E L À T E M P S P A R T I E L Assumer ses responsabilités Les collaboratrices et collaborateurs de l’Eglise ayant un taux d’occupation réduit passent souvent à travers les mailles du filet de la pré- voyance vieillesse. Il existe pourtant des possi­ bilités de les assurer afin d’éviter qu’ils soient frappés plus tard par la pauvreté. Par Roland Stach* Karin M. a 42 ans, elle est divorcée et mère de deux enfants adolescents. Elle travaille comme sacris­ taine dans une petite paroisse et comme em­ A L T E R S V O R S O R G E B E I T E I L Z E I T M I T A R B E I T E N D E N Verantwortung wahrnehmen * Synodalrat und Mitglied der Delegation für Genderfragen Conseiller synodal et membre de la délégation à la question des genres

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