ENSEMBLE Nr. / N° 36 - März / Mars 2019

16 Fokus —– ENSEMBLE 2019/36 EINE «FAMILIÄRE» VERANSTALTUNG DIALOG-TAGUNG ZU PAARBEZIEHUNGEN sionis» der Kirchen im Westen. Als eine der Kon­ fliktursachen ortete er die Technologien der assis­ tierten Empfängnis. Denn diese sprengen das klassische und bürgerliche Familienbild von «Vater als Stammvater» und «Mutter als Gebärerin» auf, greifen in den Code «familiärer Intimität» ein. So erführen Traditionalistinnen und Traditio­ nalisten einen Legitimationsverlust ihrer Lebens­ formen und -entwürfe. Im Gegenzug befänden sich Reformerinnen und Reformer in einem «Kampf um Einlass in die Ehe- und Familienwelt». Dies um nur einige wenige Punkte aus Frank Mathwigs interessantem Referat aufzugreifen. Recht passt sich an Von einer ganz anderen Seite her näherte sich bei­ spielsweise David Rüetschi dem Thema. Er arbeitet im Fachbereich Zivilrecht und Zivilprozessrecht des Bundesamts für Justiz. Er hielt Rückschau auf die Modernisierung des Familienrechts, das letztend­ lich den gesellschaftlichen Entwicklungen folgte. Die Gesetzesrevision begann in den 50er-Jahren und erfolgte in verschiedenen Etappen bis 2013 zu folgenden Themen: Adoptionsrecht, Kindesrecht, Eherecht, Scheidungsrecht und Vormundschafts­ recht. 2015 gab es einen Bericht des Bundesrats, der das geltende Familienrecht auf mögliche Re­ formen überprüfte. Damit kam auch die Ehe für alle aufs Parkett. Dabei soll die Ehe insbesondere auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wer­ den. Ebenfalls im Fokus stehen aber auch der Zu­ gang zu Adoption oder die Altersvorsorge. Unheimlich? Die gesamte Veranstaltung provozierte bei den Rednerinnen und Rednern sowie bei den Besu­ chenden kaum Kontroversen. Niemand von den Kirchenvertretenden stellte sich grundsätzlich gegen die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare. Obschon historische oder traditionsbedingte Gründe nicht von der Hand zu weisen waren, wur­ den theologische kaum ausgemacht. Es war also durch und durch eine «familiäre» Veranstaltung. Oder um es mit den «humoristischen» Worten von Frank Mathwig auf den Punkt zu bringen: «Veranstaltungen, bei denen sich alle einig sind, haben etwas Unheimliches!» Anfang Dezember fand in Bern eine natio- nale Tagung mit dem Titel «Vielfältige Paare und Familien – herausgeforderte Kirchen» statt. Verschiedene Fachleute versuchten, das Verhältnis der Kirche zu sich verändernden Familien- und Beziehungsbildern zu klären. Adrian Hauser Die Tagung war ein Mix aus Erfahrungsberichten von Betroffenen, Beiträgen von Fachleuten und politischen Stellungnahmen. So war etwa der Dachverband Regenbogenfamilien durch die Ge­ schäftsführerin Maria von Känel vertreten oder die Politik durch CVP, EVP und SVP. Der Schwer­ punkt lag jedoch bei der katholischen und der reformierten Kirche. So wartete Prof. Dr. Frank Mathwig vom Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund mit verschiedenen Thesen auf. Der Theologe und Ethi­ ker äusserte sich beispielsweise zur kirchlichen Debatte über Ehe und Familie, zu den Konflikt­ ursachen, den Konfliktkonstellationen oder zur «Frage nach dem guten Leben». Beim Thema der kirchlichen Debatte stellte er einen «Röstigraben» zwischen der liberalen Deutschschweiz und der kontroversen Westschweiz fest. Ehe, Familie und Sexualität seien zudem der neue «status confesFrank Mathwig ©Adrian Hauser

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