ENSEMBLE Nr. / N° 36 - März / Mars 2019

6 Dossier —– ENSEMBLE 2019/36 Leuchten zu bringen. Im Grunde ist seine riesige «Dogmatik» eine grosse, detailreiche Erzählung von Gottes unermüdlicher Treue und Liebe zu seiner Schöpfung. Darin besteht auch unsere grosse Würde als Menschen – dass Gott nicht auf­ hört, sich zu uns bekennen. Und uns immer wie­ der als seine Partnerinnen und Partner anzu­ sprechen. Noch aktuell? Bereits zu Barths Lebenszeit wurde gelegentlich behauptet, seine Theologie sei «vorbei». Die Ge­ schichte hat anders entschieden, bis heute wird Karl Barths Werk in der ganzen Welt gelesen und diskutiert. Immer wieder neue Generationen von Theologinnen und Theologen entdecken seinen unerschöpflichen Reichtum und seine über­ raschende Aktualität. Was an Barths theologischen Einsichten ist heute noch aktuell? Dazu kann man sagen: fast alles. Ob Barth sich zur Schöpfung, zum Menschen, zur Ethik, aber auch zu Themen wie Humor oder Dummheit äussert, regelmässig eröffnet er einem erstaunliche Einblicke. Dazu nur zwei Hinweise. Was ist christlicher Glaube? Wir antworten vielleicht: Gemäss christlichen Werten leben. Oder auf ein Leben nach dem Tod hoffen. Karl Barth sagt darauf etwas sehr Einfaches: Christlicher Glaube heisst, darauf vertrauen, dass der lebendi­ ge Gott zu uns spricht und von uns eine Antwort erwartet. Christsein heisst, fröhlich in der Gemein­ schaft mit Gott leben. Hat der Glaube in der säkularen Welt noch Zukunft? Viele sind überzeugt, dass die Zukunft von Religion und Kirchen in Europa düster aus­ sieht. Barth bestreitet dies nicht, er weiss, dass der Glaube an Jesus Christus immer Sache einer Minderheit sein wird. Wichtiger ist ihm aber, dass die Menschen sich beim besten Willen von Gott nicht lösen können – da Gott sich nicht von den Menschen trennen will. Er schrieb einmal, es gebe zwar «eine Gottlosigkeit des Menschen», es gebe aber «keine Menschenlosigkeit Gottes». Das sichert der Kirche noch nicht ihre Zukunft. Aber es ent­ lastet sie davon, die Zukunft von Gottes Geschichte mit den Menschen von ihren eigenen Erfolgen abhängig zu machen. Was für eine erfreuliche, ermutigende Einsicht. ©Karl Barth-Archiv, Basel ©Karl Barth-Archiv, Basel Die «Kirchliche Dogmatik» von Karl Barth. La «Dogmatique» de Karl Barth. Ausritt mit Emil Brunner im Juni 1935. Sortie à cheval avec Emil Brunner en juin 1935.

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