ENSEMBLE Nr. / N° 37 - April / Avril 2019

12 Dossier —– ENSEMBLE 2019/37 Der kolumbianische Bürgerkrieg dauert bereits über 50 Jahre, die Lage ist trotz des Friedensabkommens von 2016 sehr fragil. Doch das Resultat der Friedensverhand- lungen darf nicht einfach ein «Schweigen der Waffen» sein. Von Heinz Bichsel * 220 000 Tote, 80 000 Vermisste, 7,7 Millionen Men­ schen vertrieben, 6 Millionen ins Ausland geflüch­ tet, das ist nur ein Teil der schockierenden Bilanz des kolumbianischen Bürgerkriegs, der jetzt schon über 50 Jahre dauert. Trotz des Friedensabkom­ mens, welches die revolutionären kolumbiani­ schen Streitkräfte, FARC, und der damalige Präsi­ dent Juan Manuel Santos 2016 unterschrieben haben, ist die Lage sehr fragil. Seit dem Amtsan­ tritt von Iván Duque als Präsident im August 2018 wird die Umsetzung des Abkommens weiter ge­ bremst. Zudem hat ein Bombenanschlag der nationalen Befreiungsarmee (ELN) auf die Polizei­ schule in Bogotá am 17. Januar 2019 zum vor- läufigen Abbruch der Friedensverhandlungen mit der ELN geführt. Katholische Kirche als Wegbereiterin Allein schon als Mehrheitskonfession von knapp 80 Prozent der Bevölkerung und aufgrund ihrer Verankerung in allen Bevölkerungsschichten ist die katholische Kirche entscheidend für die Bei­ legung des Konflikts. Mehr als der Staat hat sie Zugang zu allen Regionen, und im Gegensatz zu anderen Organisationen der Zivilgesellschaft hat sie die Erlaubnis, mit illegalen Akteuren des Bür­ gerkriegs in Kontakt zu stehen, und nutzt diese Möglichkeiten zum Schutz von Menschenleben. Auf dem Weg zum Frieden kommt neben vielen Friedensinitiativen der Pfarreien der Nationalen Versöhnungskommission (CCN) eine zentrale Rol­ le zu. Sie wurde bereits 1995 gegründet und steht unter der Leitung des Präsidenten der kolumbia­ nischen Bischofskonferenz. Die Kommission hat sich konsequent für eine politische Verhandlungs­ lösung und für die Respektierung der Menschen­ rechte und des humanitären Völkerrechts durch alle Konfliktparteien eingesetzt. Protestantische Kirchen stehen dahinter Kirchen wurden in die Luft gesprengt, Pfarr­ personen, die sich für die Menschen­ rechte einsetzten, wurden ermordet, verfolgt oder vertrieben. So wie grosse Teile der übrigen Bevölkerung sind auch die Mitglieder der protestanti­ schen Kirchen müde von der Barbarei des Krieges. 2016 hat sich die Synode der Presbyterianischen Kirche Kolum­ biens einstimmig für das Friedens­ abkommen ausgesprochen. Ebenso deutlich tat dies die mennonitische Kirche, pragmatisch feststellend, dass ein nicht perfekter Frieden besser ist als ewiger Krieg. Viele Friedensinitia­ tiven fliessen in «DiPaz», der zwischen­ kirchlichen Dialogplattform für den Frieden in Kolumbien, zusammen. Mit den Leitli­ nien von Wahrheit und Gerechtigkeit, Antimilita­ rismus und gewaltloser Aktion sowie der Verpflich­ tung zur Versöhnungsarbeit setzt sie den heterogenen protestantischen Kräften einen ge­ meinsamen Horizont. Unbeirrbare Friedensarbeit «Es macht keinen Sinn, wenn das Resultat der Frie­ densverhandlungen lediglich das Schweigen der Waffen ist und nicht zu einer Transformation der Kolumbianerinnen und Kolumbianer transzen­ diert.» Mit diesen Worten unterstrich der kolum­ bianische Präsident Juan Manuel Santos 2015 die Rolle glaubensbasierter Organisationen für die Zukunft des Landes. Wiederherstellung der Er­ innerung, Vergebung und Versöhnung, aber auch das Insistieren auf sozialer Gerechtigkeit und auf dem Recht zur Rückkehr der Vertriebenen ist Teil der Friedensarbeit von Kirchen und kirchlichen Organisationen in Kolumbien. K O L U M B I E N Kraft der Versöhnung ©Luisa Gonzalez Auf dem Weg zum Frieden kommt neben den Frie- densinitiativen der Kirchen der Nationalen Ver- söhnungskommis- sion (CCN) eine zentrale Rolle zu. Outre les initia- tives de paix des Eglises, la Com- mission de récon- ciliation nationale (CRN) joue un rôle central sur la voie de la paix. * Leiter OeME-Migration

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