ENSEMBLE Nr. / N° 37 - April / Avril 2019

14 Dossier —– ENSEMBLE 2019/37 Die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) gehört unter anderen mit den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn zu den Trägerorganisationen des Ostermarschs. Aktuell sammelt sie gemeinsam mit einer breiten Allianz Unterschriften für die Korrektur-Initiative gegen die Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes. Michael Christen, politischer Sekretär der GSoA, über die Rüstungsindustrie der Schweiz. Von Lisa Krebs* Herr Christen, als Vertreter der GSoA sind Sie auch im Organisationsteam des Ostermarschs engagiert. Das Mot- to der kommenden Veranstaltung lau- tet «Frieden statt Krieg exportieren!». Wo steht die Schweiz in Bezug auf Ex- porte von Waffen und weiterem Kriegsmaterial? Die Schweiz hat eine Doppelrolle: Sie setzt sich einerseits ein als Frie­ densvermittlerin und ist Standort von humanitären Organisationen wie der UNO. Dies ist sehr löblich. Anderseits ist die Schweiz weit vorn, wenn es um den Export von Kriegsmaterialien und Kriegsdienstleistungen wie die Dienste von privaten Sicherheitsfirmen geht. Was wird exportiert? Die RUAG ist beispielsweise die grösste Klein­ kalibermunitionsexporteurin Europas. Es gibt wei­ tere Firmen wie die Pilatus-Werke, die ihre Flug­ zeuge auf der ganzen Welt verkaufen. Diese Flugzeuge können bewaffnet werden. Es existieren entsprechende Bilder von Flugzeugen von «Pila­ tus» aus dem Tschad. Die Luftwaffe Saudi-Arabiens trainiert Piloten mit Flugzeugen von «Pilatus». Rheinmetall Air Defence ist eine weitere grosse Firma, sie produziert unter anderem Flugzeug­ abwehrsysteme. Daneben gibt es viele kleinere Firmen, die in ihren Sparten wichtig sind. Ein Bei­ spiel ist Brügger & Thomet in Thun, die sehr viele Polizeikorps ausrüsten, nicht nur in Europa, son­ dern weltweit. Diese Waffen tauchen dann plötz­ lich auch in Konflikten auf. Beispielsweise im Uk­ raine-Konflikt wurden Scharfschützengewehre dieser Firma entdeckt. In vielen internationalen Konflikten werden Waffen aus Schweizer Manu­ faktur verwendet. Wie umfangreich sind diese Kriegsmaterial­ exporte? Gemäss dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) gehört die Schweiz zu den weltweit grössten Waffenexporteuren. Setzt man das finanzielle Volumen der Kriegsmaterial­ exporte in ein Verhältnis zur Einwohnerzahl, be­ legte die Schweiz in den letzten Jahren immer Platz zwei bis vier im Ranking mit den anderen Ländern. Allerdings beläuft sich der Betrag der Waffenexporte auf nur 0,15 Prozent des Brutto­ inlandprodukts. Dies ist nicht viel. Man könnte also sehr wahrscheinlich ohne nennenswerte wirt­ schaftliche Probleme darauf verzichten. Wie viele Arbeitsplätze wären betroffen? Die letzte offizielle Statistik geht von rund 8000 Angestellten inklusive Zulieferer aus. Mittler­ weise dürften es an die 10 000 Personen sein. Dies entspricht etwa der Anzahl Angestellter in der Holzfensterindustrie. Das Argument, dass die Rüstungsindustrie wichtig sei für die Wirtschaft, wird von Befürwortern der Kriegsmateriallockerung immer wieder vorgetra- gen. Gibt es positive Beispiele, wo Konversion ge- lungen ist? Ein positives Beispiel ist sicher die RUAG, wo heute weniger als 50 Prozent der Produkte Kriegs­ material sind. Dazu gehört beispielsweise RUAG Space mit Raumfahrtkomponenten. Allerdings ist diese Konversion auch auf den Kauf von weiteren Firmen zurückzuführen und nicht nur auf die Re­ duktion der Kriegsmaterialproduktion. Ein weiteres Beispiel ist ein Tochterunternehmen der EMS-Che­ mie, das früher Zündungen für Munition hergestellt hat und heute nur noch zivile Güter produziert. Die GSoA hat im Dezember zusammen mit einer grossen Allianz die Korrektur-Initiative lanciert. Aktuell werden Unterschriften gesammelt. Was fordert die Initiative? Wir haben uns bewusst für eine Initiative ent­ schieden, die sich nicht gegen den gesamten Ex­ port von Kriegsmaterial richtet. Sie richtet sich gegen die beiden letzten Lockerungen der Kriegs­ materialverordnung durch den Bundesrat. Dies sind die Entscheide, Kriegsmaterialexporte in Bür­ gerkriegsländer sowie in Länder mit systemati­ schen und schwerwiegenden Menschenrechtsver­ letzungen zuzulassen. S C H W E I Z «Frieden statt Krieg exportieren!» © Judith Schmid Michael Christen * Fachstelle Oekumene, Mission und Entwicklungs- zusammenarbeit

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