ENSEMBLE Nr. / N° 37 - April / Avril 2019

19 ENSEMBLE 2019/37 —– Fokus arbeitet wird und dass mir die verschiedenen Arbeitsschritte geduldig erklärt werden. André Stalder: Fre hat ein gutes Gespür für Tiere. Man merkt, dass er gewohnt ist, mit Kühen umzugehen, und dass er diese Arbeiten gerne macht. Fre, der ja erst in der Halbzeit der Vorlehre steht, kann nun mit der Melkmaschine umgehen, tränkt die Kälber korrekt und ist bereits zuver­ lässiger als mancher Erstjahr-Lehrling. Was Fre noch fehlt, ist das technische Grundverständnis, das Schweizer Lehrlinge in der Regel mitbringen. Dagegen haben die meisten Schweizer noch nie gesehen, wie ein Tier geschlachtet wird, Fre hat dies schon als Jugendlicher miterlebt. Welches sind die nächsten Herausforderungen? André Stalder: Die Arbeit mit Maschinen. Ein nächstes Ziel ist beispielsweise, Störungen beim Motormäher zu beheben oder damit ein Stück Land zu mähen. Später kommt nach Möglichkeit auch der Einsatz des Traktors mit dem Frontmäh­ werk dazu. Fre: Ich bereite mich auf die Theorieprüfung für das Traktorfahren vor. Leider habe ich länger kein Handy gehabt, dies braucht man aber, um mit der Lehr-App zu lernen. Fre, was sind, abgesehen vom Einsatz von Maschi- nen, die grössten Unterschiede zwischen Eritrea und der Schweiz? Fre: Das Wetter! Hier wechselt es ja ständig. In Eritrea ist eigentlich immer gleiches Wetter. Nur ist der Wassermangel dort ein ernstes Problem. Vorlehren im Kanton Bern Im August 2018 starteten über 100 Geflüchtete die einjährige Vorlehre Integration, darunter erstmals auch zwölf Personen in der Landwirt­ schaft. Pro Woche arbeiten die Lernenden drei Tage auf dem Betrieb und gehen zwei Tage in die Schule. Gemäss Karin Oesch, Bildungsver­ antwortliche beim «Berner Bauern Verband», sind die Lernenden froh um die Tagesstruktur und motiviert zu arbeiten. Oft entwickle sich ein schönes Verhältnis zur Bauernfamilie. Her­ ausfordernd sind die noch mangelnden Deutschkenntnisse und – aufseiten der Lehr­ betriebe – der zusätzliche zeitliche Aufwand. Für die Lernenden sei es schwer, zu verstehen, dass sie trotz ihrer Arbeit über gleich wenig Geld wie ihre nicht arbeitenden Kollegen ver­ fügten. Sie häufen weniger Schulden bei der Sozialhilfe an. Im Hinblick auf künftige Anstellungen gel­ te es, dieses erste Jahr durchzuhalten, und bei elf der zwölf Gestarteten habe dies bis jetzt gut geklappt. Die Mehrheit von ihnen werde an­ schliessend eine Attest-Lehre (EBA) beginnen. Anerkannten Flüchtlingen und vorläufig auf­ genommenen Personen steht im nächsten Som­ mer die Vorlehre in zehn Berufsfeldern offen: Hoch-, Tief- und Strassenbau, Baunebengewer­ be, Detailhandel, Hauswirtschaft, Garten, Gas­ trobereich, Gleisbau, Landwirtschaft, Logistik und Medienpraktik. Weitere Infos: www.erz.be.ch Obwohl Sie drei Tage in der Woche arbeiten, ver- fügen Sie nicht über mehr Geld als ihre nicht arbei- tenden Kollegen ... Das ist schon so; die Entschädigung für meine Arbeit geht an den Sozialdienst. Doch es macht mich ein wenig stolz, wenn ich selbst einen Teil zu meinem Lebensunterhalt beitragen kann. Und ich lerne ja etwas und komme meinem Ziel einer Lehre näher. Fre hat ein gutes Gespür für Tiere. Fre a un bon contact avec les animaux. ©Peter Gerber ©André Stalder

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