ENSEMBLE Nr. / N° 42 - Oktober / Octobre 2019

21 ENSEMBLE 2019/42 —– Fokus von Hände und Füsse waschen mit und fand dies sehr meditativ. Sie konnte nachvollziehen, dass es den Geist befreien kann. Dennoch würde sie es nicht praktizieren, da es bedeute, sich Gott zu un­ terwerfen. Das passt nicht in ihr protestantisches bzw. ökumenisches Verständnis von Religion. Die schiitische Mahboubah betete gemeinsam mit der sunnitischen Muslima Karima (26, Schweiz, mit algerischen Wurzeln). Im Gespräch erzählte Laura (28, Spanien), sie hätten in zwei Wochen ein «Heim» gestaltet, in­ dem sie füreinander sorgten und sensibilisiert wurden. Sie hätten alles an- und ausgesprochen, einander unterstützt und ermutigt. Ihr ist wichtig, in Frieden zu sein mit anderen und mit sich selber. Carla (29, Spanien) betonte, dass alle Teilneh­ merinnen alles miteinander teilten: viele Gefühle, wenn sie sich ohne Angst öffnen und sich ver­ wundbar zeigen können und wenn die Gruppe alles auffängt: «Das geschieht nicht oft in der Gesellschaft.» «Religion und Kunst» ist ein interreligiöses Projekt, das sich an 18- bis 30-jährige Frauen aus der Schweiz und dem europäischen Ausland richtet. Vom 22. Juli bis am 4. August 2019 lebten sechs junge Frauen aus Spanien und sechs aus der Schweiz, davon eine Secondaund drei Flüchtlinge aus Iran, Afghanistan und Somalia, zusammen im «Youth Camp» in Solothurn. Von Esther R. Suter* Die Frauen malten Schrift-Bilder, kochten, besuch­ ten u. a. die Offene Kirche Elisabethen OKE in Ba­ sel und erhielten von Expertinnen in Kunst und Religion Anregungen aus dem Christentum, Ju­ dentum und Islam zum Thema «Frieden». Durch­ geführt wurde das Camp vom Verein Swiss Inter­ faith Women (SIW), der sich für Menschenrechte, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit sowie ge­ gen Diskriminierung und Rassismus einsetzt. Weniger ist mehr In der Werkstatt der Kunstschaffenden und Mit­ organisatorin Gabriella Affolter (SO) gestalteten die Frauen Schrift-Bilder. Der Künstler und Taizé­ bruder Marc – mit dreissigjähriger Japan- und Koreaerfahrung – gab Einblick in die spirituelle Haltung von Kalligrafie. Die Künstlerin und Kunsttherapeutin Dr. Ruth Herzka brachte über ihre Familiengeschichte jüdisches Schicksal ein. Ein Video informierte über das interreligiöse Friedensengagement von Frauen in Israel. Die afghanische Islamwissenschaftlerin Sozan Mohebbi und Stelleninhaberin bei «Religi­ onen lokal» im Zwinglihaus brachte die Vielfalt des Islams näher. Erhellend war der Korantext zu Kain und Abel im Vergleich zum biblischen Text. Mahboubah, afghanische Flüchtlingsfrau in der Schweiz, fühlte sich mit ihrer eigenen Geschichte aufgehoben. Wie sie verarbeitet auch Zoya aus Iran ihre traumatischen Erlebnisse in der Kunst. Multikultureller Austausch Einige Spanierinnen wurden zum ersten Mal haut­ nah mit Fluchtsituationen konfrontiert. Die 18-jäh­ rige Lorena aus Genf fragte sich, was ihre Herkunft ausmacht: «Den Ort, wo wir geboren werden, können wir nicht wählen, das ist ungerecht.» Sie fragte eine der Muslimas, ob sie mit ihr beten dürfe. Sie machte den muslimischen Gebetsablauf I N T E R R E L I G I Ö S E S U N D I N T E R K U L T U R E L L E S Y O U T H C A M P Religion und Kunst für den Frieden Für die zwölf jungen Frauen wurde die Ver­ nissage der Ausstellung «Religion und Kunst» ein Höhepunkt. Am 2. August stellten sie im Zwinglihaus in Basel ihre Werke vor. Die jü­ dische Künstlerin Ruth Herzka eröffnete die Vernissage mit einem Schabbat-Segen zur Challa, dem Schabbat-Brot, das gemeinsam im Camp gebacken wurde. Die Frauen be­ stritten das Programm mit Liedern und Tex­ ten in vier Sprachen. Im Bild ein Teil der internatio- nalen Gruppe. Sur la photo, une partie du groupe international. * Theologin und Fachjournalistin ©zVg

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