ENSEMBLE Nr. / N° 42 - Oktober / Octobre 2019

22 Fokus —– ENSEMBLE 2019/42 schon eine Weile im selben Pfarramt tätig.» Reto Beutler plante mit 49 Jahren einen Studienurlaub und ging nach Deutschland, um Projekte wie «Auf­ bruch in der Kirche» zu besuchen. Er kam mit vie­ len neuen Ideen zurück und wollte sich unter anderem auch mit der Lebensmitte beschäftigen. «Etwa alle sieben Jahre gibt es im Leben bestimm­ te Änderungen. Mit +/–7 Jahren kommt man in die Schule, mit etwa 14 markiert der Stimmbruch bei den Jungen eine markante Veränderung. Und so geht das weiter. Deshalb: 7 × 7 = 49. 49 ist eines dieser speziellen Alter.» Er beschloss, sich mit Männern auszutauschen über diese spannende Phase im Leben, die zwi­ schen 40 und 50 stattfindet. Er spricht von «auf­ suchender Seelsorge» in der Lebensmitte. Feierabend Seither setzt sich Reto Beutler mit Männern aus der Kirchgemeinde meist in jenem Monat in Kon­ takt, in welchem sie 49 Jahre alt werden. Er wid­ met sich Männern, weil er selbst ein Mann ist. Und weil Frauen eher von sich aus und unter sich über persönliche, lebensverändernde Themen sprechen als Männer. Bei der Ortsgemeinde verlangt er jedes Jahr einen Auszug von männlichen Kirchenmit­ gliedern, die im gleichen Jahr 49 Jahre alt werden. Er ruft sie an und fragt sie an für ein Treffen.Einige kennt er bereits von Taufen oder anderen Aktivitäten, andere wiederum kennt er gar nicht. Die meisten sind offen, interessiert und treffen sich mit ihm. Meist am Feierabend. Dann trinken sie etwas zusammen oder gehen spazieren. Er lernt sie besser kennen und findet heraus, was sie beschäftigt, ist ein guter Zuhörer. Ein Gespräch dauert etwa eine Stunde, manchmal länger. Er macht sie aufmerksam auf die unterschiedlichen Veranstaltungen in der Kirchgemeinde. Manche beginnen danach, sich in der Kirchgemeinde zu engagieren. Andere greifen in schwierigen Le­ benssituationen auf eine Beratung bei ihm zurück, sei es bei Eheproblemen oder bei persön- lichen Anliegen. Aus den 49er-Gesprächen ist eine kleine Männergruppe entstanden, in der er sich engagiert. Wer selbst ein solches Projekt auf die Beine stellen will, dem rät er: «Es ist sinnvoll, ein solches Projekt ins Stellenprofil zu nehmen, damit es an Wichtigkeit und Wertschätzung gewinnt. Ein klei­ nes Budget schadet sicher nicht, so dass Platz für Entwicklung da ist. Ich schenke den Männern je­ weils etwas Kleines: eine ‹ Männerschokolade › oder ein 49er-Bier.» Reto Beutler ist seit zwanzig Jahren im Pfarr- amt in Utzenstorf tätig. Der mittlerweile 56-jährige Pfarrer widmet sich einem Projekt für 49-jährige Männer. Als er selbst 49 wurde, konnte er beobachten, dass dies eine be- sondere Zahl ist, die Zahl vor 50. Man(n) steht an einer neuen Schwelle im Leben. Von Alena Lea Bucher Reto Beutler wohnt in einem lebhaften Dorf, wo der bäuerliche Charme immer noch vorhanden ist. Lebhaft machen es vor allem die vielen Ver­ eine, eine durchmischte Bevölkerung und ein starkes Gewerbe. Und es hat alles, was es braucht. Aufgewachsen ist er in einer normal bürger­ lichen Familie ohne besonderen Frömmigkeitsstil. Zum Spirituellen fand er durch eine frühere Be­ ziehung sowie einen Jugendfreund, dessen Vater als Pfarrer und dann als Theologieprofessor tätig war. Umbruch Nach einigen Jahren Pfarramt stellte er fest, dass sich in seinem Freundeskreis einiges veränderte: «Zwischen 40 und 50 wollten sich viele meiner Berufskolleginnen und -kollegen noch einmal wei­ terbilden, die Stelle wechseln oder etwas im Leben ändern. Oft wurde auch ich selbst darauf ange­ sprochen, ob es nicht an der Zeit wäre, etwas ganz anderes zu machen. Immerhin war ich damals K O N T A K T M I T K I R C H G E M E I N D E M I T G L I E D E R N 7 × 7 = 49 Reto Beutler ©Alena Lea Bucher

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