ENSEMBLE Nr. / N° 42 - Oktober / Octobre 2019

33 ENSEMBLE 2019/42 —– Kreuz und quer Anselm Grün, Ahmad Milad Karimi Im Herzen der Spiritualität Wie sich Muslime und Christen begegnen können. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2019, 288 Seiten anderen Religion vergleichen und dabei oft ähnliche oder gleiche Aussagen entdecken. So sagt der muslimische Dichter und Mystiker Ru­ mi (1207–1273) ebenso wie der christliche Mönch Evagrius Ponticus (345–399), dass Gott nicht in äusseren Dingen zu finden sei, sondern nur im Herzen der Menschen. Es wäre erfreulich gewesen, wenn die Auto­ ren diese interessante Erkenntnis noch vertieft und ihre theologischen und sozialen Konsequen­ zen ausgeführt hätten. Ansonsten ist das Buch übersichtlich aufgebaut, verständlich formu­ liert, und es bespricht aktuelle und relevante Themen aus einer neuen Perspektive und auf kritische Art, was die Lektüre zu einem Gewinn macht. Das hier vorgestellte Buch trägt den Titel «Im Herzen der Spiritualität. Wie sich Muslime und Christen begegnen können». Verfasst wurde es vom bekannten katholischen Theo- logen und Mönch Anselm Grün und von Ahmad Milad Karimi, der mit 13 Jahren aus Afghanistan floh und nun eine Professur für islamische Philosophie und Mystik an der Universität Münster innehat. Beide Autoren stehen der Spiritualität und Mystik nahe. Mathias Tanner * – Die Autoren besprechen zu­ nächst Kontroversen im christlich-muslimischen Verhältnis. Dazu gehört die Frage, wer den wah­ ren Islam oder das wahre Christentum vertritt. Beide Autoren schreiben, dass kein Mensch die Wahrheit besitze. Diese sei vielmehr Gott selber. Der Mensch könne sich dieser Wahrheit nur an­ nähern und versuchen sie zu erleben, was das Ziel der Mystikerinnen und Mystiker sei. Der Hauptteil des Buches behandelt in 23 kurzen Kapiteln Themen wie die Herkunft des Menschen, seine Bestimmung im und nach dem Leben oder die Bedeutung von Ritualen wie beten, pilgern und fasten. Auch ethische Fragen wie das Verhältnis von Frau und Mann, das richtige Verhalten in der Gesellschaft oder­ Werte wie Barmherzigkeit und Liebe werden beleuchtet. Die Frage nach Gott verdrängt das Fremde Im Nachwort formulieren Karimi und Grün die Haupterkenntnis aus ihrer Zusammenarbeit – die Spiritualität ist das eigentlich Verbindende zwischen den Religionen: «Wenn wir uns über die spirituellen Erfahrungen austauschen, dann geht es nicht um Rechthaberei, sondern um die gemeinsame Erfahrung von Gottes Grösse, Sei­ ner Liebe und Seiner heilenden Nähe. (...) Da spüren wir, dass Gott jenseits unserer Bilder und Worte, jenseits unserer Sprache ist, das unaus­ sprechliche Geheimnis, zu dem hin wir alle un­ terwegs sind.» Sobald die Frage nach Gott ins Zentrum rücke, trete das Fremde im anderen zurück. Die beiden Autoren veranschaulichen diese Erkenntnis, indem sie an einigen Stellen im Buch die religiösen Erfahrungen von Mysti­ kerinnen und Mystikern der eigenen und der C H R I S T L I C H - M U S L I M I S C H E B E Z I E H U N G E N A U S S I C H T D E R M Y S T I K Buchbesprechung «Spiritualität verbindet Religionen» BUCHREZENSION * Fachbeauftragter Migration

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