ENSEMBLE Nr. / N° 43 - November / Novembre 2019

27 ENSEMBLE 2019/43 —– Kreuz und quer Stellen Sie sich vor, Sie spazieren durch Ihr Quartier und pflücken hier ein paar frische Erdbeeren, Basilikum für die Pasta, und das auch noch gratis! «Incredible Edible» hat Joelle Plüss in einem Quartier in Steffisburg auf die Beine gestellt. Alena Lea Bucher – Joelle Plüss besucht momentan die Prima, das letzte Schuljahr im Gymnasium. Nach Abschluss des Gymnasiums möchte sie gerne Geografie studieren. Als sie sich für ein Thema für ihre Maturarbeit entscheiden musste, wollte sie sich mit einem Thema beschäftigen, für das sie sich wirklich interessiert. «Ich wollte kein Buch analysieren oder Ingwer auf seine antibakterielle Wirkung untersuchen, das kann natürlich sehr interessant sein, aber in meinen Augen wäre es vergeudete Zeit.» In der Schule sahen sie sich den Film «Tomorrow» an. Der Film dreht sich um die momentane Si­ tuation der Welt, die zu­ nehmenden Probleme wie Klimawandel, Ener­ gie- und Ressourcen­ knappheit. Der Film stellt verschiedene Pro­ jektideen zu Ökologie, Wirtschaft und Demo­ kratie vor. Die 17-Jährige fühlte sich von dem Projekt «Incredible Edible», was übersetzt «un­ glaublich Essbar» bedeutet, inspiriert. Es geht darum, öffentliche Orte zu bepflanzen, alle Leute dürfen sich dann bedienen. Joelle begann ihr Pro­ jekt in die Tat umzusetzen, allerdings in einem kleineren Rahmen als in Todmorden. «Ich meldete mich bei der Gemeinde, sie gaben mir Auskunft, dass öffentliche Plätze nicht einfach bepflanzt wer­ den können, wie sie es in England taten. Dazu bräuchte es viel zu viele Abklärungen.» Von Tür zu Tür Die einzige Lösung war also, privates Land zu ver­ wenden. Joelle begann Nachbarn anzufragen. Sie ging von Tür zu Tür, klingelte und lud die Leute ein, an ihrem Projekt teilzunehmen und ihre Info­ veranstaltung zu besuchen. Das erforderte Mut und brauchte Zeit, lohnte sich aber. Viele fanden das Projekt toll, zu ihrem Erstaunen waren es eher die älteren Menschen, die zögerten und keine fremden Menschen im eigenen Garten wollten, obwohl es gar nicht darum ging, den Garten zu betreten. Ihre Schule bezog sie auch mit ein, diese machte einen Kräutergar­ ten. Im Evangelischen Gemein­ schaftswerk Steffisburg (EGW) führte sie dann schliesslich die Infoveranstaltung durch. Ihre Familie und die Leute vom EGW halfen ihr dabei, alles einzurichten und aufzustel­ len. Leider kamen nicht so viele Leute wie erhofft. Nicht nur naschen Trotzdem freuten sich viele über das Projekt und wollten daran teilnehmen. Schlussendlich fanden sich 40 Leute. Sie stellten bepflanzte Töpfe auf ihre Briefkästen oder hängten sie über die Zäune. Die bepflanzten Töpfe sollten nicht nur zum Na­ schen da sein, sondern auch Insekten als Lebens­ raum dienen und das Quartier begrünen. Joelle erhofft sich, dass Menschen dadurch miteinander ins Gespräch kommen und Freude daran finden. Ihr Bruder sägte kleine Hinweisschilder, die sie dann beschrifteten, um die Miniaturgärten zu kennzeichnen. Ausserdem machte Joelle einen Plan, um zu zeigen, wo es überall Stationen von «Incredible Edible» gibt. Sie führte einen gut be­ suchten Rundgang an den verschiedenen Statio­ nen durch. Es regnete zuerst und war dann drü­ ckend heiss, aber die Leute waren dankbar, was sie am meisten freute und zeigt, dass sich das Projekt gelohnt hat. D A S Q U A R T I E R B E G R Ü N E N Incredible Edible – unglaublich Essbar Joelle Plüss Töpfe, die für alle zugänglich sind, zum Naschen, zum Kochen und für Insekten. Des pots accessibles à tous, pour le grigno- tage, la cuisine et les insectes. ©Alena Lea Bucher © Joelle Plüss

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=