ENSEMBLE Nr. / N° 45 - Januar / Janvier 2020

28 Kreuz und quer —– ENSEMBLE 2020/45 Die ökumenische Herbsttagung fand zum Thema «Kirche.Macht. Politik.» statt. Le séminaire œcuménique d’automne s’est déroulé sur le thème «Eglise. Pouvoir.Politique. ». H I L F E I N N O T I S T K E I N V E R B R E C H E N Solidarität nicht kriminalisieren Die Kirche hat den Auftrag, Menschen in Not zu helfen. Diese Hilfe geht weiter als Schutz und Hilfe von Rechts wegen. Jedoch wurden Menschen schon verurteilt, weil sie Menschen, unabhängig von deren Aufenthalts- oder Rechtsstatus, Unter- stützung und Schutz geboten haben. Von Alena Lea Bucher 33  Unterdrückt nicht die Fremden, die bei euch im Land leben, 34  sondern behandelt sie genau wie euresgleichen. Jeder von euch soll seinen fremden Mitbürger lieben wie sich selbst. Denkt daran, dass auch ihr in Ägypten Fremde gewesen seid. Ich bin der HERR, euer Gott! Levitikus 19,33-34. Die Bibel spricht in klaren Worten. Seit jeher ist es die Aufgabe der Christen, sich für Minder­ heiten stark zu machen. Dabei wird nicht unter­ schieden, ob eine Person Freund, Fremder oder gar Feind ist, erst recht nicht, welchen rechtlichen Status diese Person hat. Mit dem aktuellen Artikel 116 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) macht sich jedoch strafbar, wer den rechtswidrigen Auf­ enthalt einer Ausländerin oder eines Ausländers fördert. Wer regelmässige finanzielle Unterstüt­ zung oder eine temporäre Beherbergung bietet, macht sich bereits strafbar und kann rechtlich ver­ folgt werden. Parlamentarische Initiative Lisa Mazzone, Ständerätin (per 2.12.2019), National­ rätin bis 1.12.2019, reichte am 28. September 2018 folgende Forderung im Nationalrat ein: «Artikel 116 des Ausländergesetzes (AuG) ist so anzupassen, dass Personen, die Hilfe leisten, sich nicht strafbar ma­ chen, wenn sie dies aus achtenswerten Gründen tun.» Die Staatspolitische Kommission des National­ rats ist jedoch der Ansicht, dass die Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise in die Schweiz sowie des rechtwidrigen Aufenthalts in der Schweiz weiterhin bestraft werden soll und auch keine Aus­ nahmen vorgesehen werden sollen, wenn aus hu­ manitären Gründen gehandelt wurde. Damit zeigen sich der SEK (Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund) und die Schweizer Bischofskonferenz in Pressemitteilungen nicht ein­ verstanden. Die praktizierte Solidarität mit Men­ schen in Not braucht Schutz und Unterstützung. Aufruf zu tatkräftiger Unterstützung Am 2. November 2019 fand die ökumenische Herbsttagung zum Thema «Kirche.Macht.Politik.» statt. Eingeleitet von bewegenden Worten der Nationalratspräsidentin Marina Carobbio Guscetti, mündete die Tagung nach Inputs, kontroversen Diskussionen sowie einer grossen Bandbreite von Workshops in eine Schlusserklärung, die per Akkla­ mation verabschiedet wurde. Rund 180 Teilnehmende unterstützen die Er­ klärungen von SEK und dem Präsidium Schweizer Bischofskonferenz. Sie fordern, dass: 1.  die Landeskirchen diese Erklärungen aktiv auf­ nehmen und ihre eigenen Kommunikationskanäle und Medienkontakte nutzen, um gegen die Krimi­ nalisierung der Solidarität klar Stellung zu be­ ziehen; 2.  die Landeskirchen Mitglieder, freiwillig Enga­ gierte und kirchliche Mitarbeitende dazu aufrufen, der Nächstenliebe ohne Ansehen der Person und ihrer Herkunft nachzukommen; 3.  sich die Landeskirchen dafür einsetzen, dass die Behörden auf die Strafverfolgung von Menschen, die aus achtenswerten Gründen Hilfe leisten, ver­ zichten; 4. die Landeskirchen ihre Kontakte nutzen, um der parlamentarischen Initiative 18.461 «Solidarität nicht mehr kriminalisieren» zum Durchbruch zu verhelfen. Der Aufruf «Solidarität nicht kriminalisieren – Vertiefte Erläuterungen aus kirchlicher Sicht» des Schweizerischen Evangelischen Kirchen­ bundes ist einsehbar unter www.evref.ch > Solidaritaet-nicht-kriminalisieren Der Aufruf der Schweizer Bischofskonferenz «Hilfe in Not ist kein Verbrechen!» ist zu finden unter www.bischoefe.ch > Dokumente > Com- muniques > Hilfe-in-Not-ist-kein-Verbrechen ©zVg

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