ENSEMBLE Nr. / N° 46 - März / Mars 2020

17 ENSEMBLE 2020/46 —– Dossier rade im Alter gut, am Leben der Jüngeren teilzu­ nehmen. Wer Unterstützung braucht, wird auch anderen etwas geben wollen. Sorgende Gemein­ schaften sind also Netzwerke, die allen Beteiligten etwas bringen – gerade, wenn sie generationen­ übergreifend sind. Das Prinzip: Einkaufsdienste gegen Schulaufgabenhilfe. Es geht also nicht so sehr um Altruismus, sondern um das Entstehen eines Netzwerks, das allen nützt. Was können Kirchgemeinden zu zivilgesellschaft- lichen Sorgenetzwerken beitragen? Wie können sie sich als Sozial- und Beziehungsräume in die neuen Sorgestrukturen einbringen? Kirchgemeinden haben mehrere Vorteile: Sie sind eng mit dem Ort, seiner Geschichte und den anderen Organisationen verbunden und sie ver­ fügen über Räume. Zudem ist das Miteinander von freiwillig Engagierten und Berufstätigen eingeübt lichen Zusammenarbeit mit ehrenamtlich enga­ gierten Gemeinschaften. Dann braucht es aber auch barrierearme Wohnungen, teilstationäre Tagesangebote für Pflegebedürftige, deren Ange­ hörige erwerbstätig sind, und Unterstützungs­ angebote für pflegende Angehörige, von der Be­ ratung bis zu Urlaubs- und Auszeiten. Viele «junge Alte» engagieren sich in solchen Sorgegemeinschaften. Haben sie den Altruismus wiederentdeckt? «Ich für mich. Ich mit anderen für mich. Ich mit anderen für andere. Andere mit anderen für mich»: So beschreibt Margret Schunk von der Aktion «Altern neu gestalten» den Kern ihres En­ gagements. Je älter wir werden, desto mehr sind wir auf Freunde und Wahlverwandte oder eine verlässliche Nachbarschaft angewiesen. Wir werden gebrechlicher, die Mobilität nimmt ab, der Lebensraum wird enger. Zudem leben viele Fami­ lien nicht mehr am gleichen Ort. Dabei tut es ge­ ©Keystone /Uwe Umstätter Sorgende Gemeinschaft Kirchgemeinde Muri-Gümligen Pascal Mösli – Seit 2019 bieten die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn gemeinsam mit den kantonalen römisch-katholischen und christkatholischen Partnerkirchen sowie der öffentlichen Spitex und dem Palliativzentrum Inselspital Letzte-Hilfe-Kurse an. Die Kurse wer­ den von einer Seelsorgerin oder einem Sozial­ diakon sowie einer Gesundheitsfachperson ge­ leitet und richten sich an alle Interessierten. Ziel sind die Sensibilisierung für die letzte Lebens­ phase sowie die Stärkung der lokalen Netzwerke zwischen Kirchgemeinden, Pfarreien und Ge­ sundheitsorganisationen. Der Letzte-Hilfe-Kurs ist ein konkretes Projekt der lokalen Zusammen­ arbeit, das einer weiteren Vernetzung im Sinne einer Caring Community dient. So auch in Muri-­ Gümligen: Hier treffen sich seit gut einem Jahr Mitarbeitende der Kirchgemeinde, der Spitex, der politischen Gemeinde, der Seniorenbetreu­ ungsorganisation Home Instead sowie der Schweizer Palliativstiftung für Kinder und junge Erwachsene (pro pallium), um die Sorgestruk­ turen in der Gemeinde zu verbessern – mit einem Flyer zu den verschiedenen Unterstüt­ zungsangeboten, mit der Fortbildung «Spiritual Care» für Mitarbeitende im Gesundheitswesen und in Altersinstitutionen sowie mit dem Letzte-­ Hilfe-Kurs. Dabei geht es auch darum, eine ge­ meinsame Sorgekultur weiterzuentwickeln. Die Letzte-Hilfe-Kurse sind ein Puzzlestein, der auch anderen Kirchgemeinden im Kanton Bern dazu dient, das Sorgenetzwerk sichtbar zu machen und es weiter zu entfalten. Es tut gut, am Leben der Jüngeren teil- zunehmen. Il est bon de participer à la vie des plus jeunes.

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