ENSEMBLE Nr. / N° 46 - März / Mars 2020

18 Dossier —– ENSEMBLE 2020/46 und es gibt einen gemeinsamen «Spirit», aus dem sich Verantwortungsbeziehungen speisen. Die Sorge für Kranke und Sterbende gehört zur DNA der Kirche – Menschen zu pflegen und zu be­ suchen, Tote zu bestatten und Trauernde zu be­ gleiten. In einer säkularen und pluralen Ge­ sellschaft werden diese Aufgaben von vielen verschiedenen Organisationen übernommen. Darum ist es notwendig, sich zu organisieren, sich an runden Tischen einzubringen und auch die eigenen Räume für andere Engagierte zu öffnen. Dabei haben Kirchgemeinden noch immer eine besondere seelsorgliche Kompetenz. Viele neue Angebote wie «Letzte-Hilfe-Kurse» oder Kurse für Menschen, die pflegende Angehörige begleiten und stärken wollen, zeugen davon. Das hohe Alter ist eine Phase hoher Verletzlichkeit, die gleichzeitig auch Raum für Entwicklung und Reife bietet. Wo sehen Sie die Möglichkeiten von kirchlicher Seelsorge und Diakonie, Menschen da- rin zu begleiten? Es ist die bewusste Auseinandersetzung mit der Endlichkeit, die dem Leben Tiefe gibt. Das Ver­ rinnen der Zeit kann auch ein Anlass sein, den Augenblick ganz bewusst wahrzunehmen und zu gestalten. Die Theologin Sabine Bobert sieht das Gebet als eine Möglichkeit, sich auf das Wesent­ liche zu konzentrieren und Ruhe, Gelassenheit und Frieden zu finden. Dabei kann es auch nur um eine Gebetsformel gehen wie «Jesus Christus, erbarme dich meiner» oder «Liebe umgibt mich». Sabine Bobert will einladen, sich ganz und offen auf das Leben, auf Gott einzulassen. «Die mys­ tische Erfahrung setzt voraus, dass wir von Barrie­ regefühlen frei geworden sind, von Gefühlen wie Hass, Angst, Wut, Neid, Lähmung und Zweifel», schreibt sie. Solche Gefühle entfremden uns von­ einander und von uns selbst; sie schneiden uns von unserer Wesensmitte und von Gott ab. Im Urlaub, während einer Krankheit oder im Alter, wenn Zeit zum Innehalten ist, können die alten Gespenster richtig munter werden. Aber «sie wol­ len uns keine Angst einjagen; vielmehr wollen sie endlich in Rente gehen», schreibt Brigitte Hiero­ nimus in ihrem Buch «Mut zum Lebenswandel». Sie spricht von ihnen als Entwicklungshelfern: Sie helfen uns, das Blockierte in uns wieder wahr­ Cornelia Coenen-Marx tritt am 14. Oktober 2020 an der Bernischen Diakoniekonferenz auf. Die diesjährige Konferenz behandelt das Thema «Niemand nur für sich allein – sorgende Ge­ meinschaft und Kirche». Eingeladen sind Kirch­ gemeinderätinnen und -räte mit dem Ressort Diakonie. Informationen: Tel. 031 340 25 66, sozialdiakonie@refbejuso.ch zunehmen und uns auszusöhnen – auch mit den Ecken und Kanten des eigenen Lebens. Menschen dabei begleiten zu dürfen, ist ein grosses Privileg von haupt- und ehrenamtlichen Seelsorgekräften in Kirche und Diakonie. Dazu braucht es, wie in der Hospizarbeit selbstverständlich, Fortbildung und Supervision. Wie können Kirchgemeinden zu einer «alters- freundlichen» Kultur beitragen? Zuallererst geht es darum, die Älteren, die sich in der Gemeinde zusammenfinden und engagie­ ren, wertzuschätzen. Es gibt leider immer noch eine Haltung, die ein wenig abschätzig auf die Älteren sieht. Zur Wertschätzung gehört, die An­ liegen und Ideen der Älteren aufzunehmen und zu unterstützen: So entstehen Netzwerke, von Leih-Omas bis zu gemeinsamen Rollstuhl- und Cornelia Coenen-Marx «Die Kirchgemeinden haben eine besondere seel­ sorgliche Kompetenz.» «Les paroisses ont une compétence particulière dans l’aumônerie.» ©zVg

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