ENSEMBLE Nr. / N° 46 - März / Mars 2020

31 ENSEMBLE 2020/46 —– Fokus Das HipHop Center Bern unterstützt Jugend­ liche bei der selbstständigen Umsetzung ihrer Freizeitaktivitäten. Das Jugendzentrum orien­ tiert sich an den Lebenswelten junger Men­ schen und fördert Respekt und Toleranz. Gottes­ dienste und Gesprächsgruppen schaffen Raum für Glaubens- und Lebensfragen. Kirchgemein­ den und Schulen können Workshops in Rap, Breakdance, Tanz, Graffiti und DJing buchen. www.hiphopcenter.ch war, bei jeder Veranstaltung, die ich besuchte, und auch wenn ich Musik hörte. Nach und nach fiel der Groschen. Ich erkannte, dass Tanzen für mich Freiheit bedeutet, egal, wie professionell oder nicht ich es betreibe, egal, wie perfekt oder nicht gewisse Bewegungsabläufe sind. Wichtig ist nur, dass Tanzen mir allein gehört und ich darin aufgehe. Dies kann mir trotz meiner Andersartigkeit niemand nehmen. Mit dieser Er­ kenntnis habe ich erneut Zugang zum Tanzen ge­ funden – und ich wurde viel offener gegenüber neuen Tanz- und Musikstilen. Heute ist Tanzen für mich eine Art, mich auszudrücken und darzu­ stellen. Gestärkt durch diese Erkenntnis ergab sich zu­ nächst die Möglichkeit zur Mitarbeit in einem Tanzkurs für Kinder mit einem Handicap im HipHop Center Bern. Später konnte ich dann die Leitung dieses Kurses übernehmen. Dabei ist es mir ein Anliegen, bei den Kindern und Jugendli­ chen die Freude am Tanzen und an der Musik zu wecken – und ihnen zu vermitteln, dass sie sie selbst sein dürfen. Das ist mir extrem wichtig. Das HipHop Center Bern ist ein subkultur- orientiertes Jugendzentrum und bietet Jugend- lichen zahlreiche Workshops an, etwa in Rap, Tanz oder Graffiti. Einer davon ist der Tanzkurs für Menschen mit Handicap. Der Kursleiter Louis Amport sitzt selbst im Rollstuhl. Von Louis Amport Was Tanzen und Musik für eine Faszination aus­ lösen können, habe ich schon früh festgestellt. Sei es als kleiner Junge an einem Geburtstag oder später als junger Erwachsener, als ich mich immer mehr in der Tanzszene zu bewegen begann. Durch den Rollstuhl wurde aber schnell klar, dass ich anders bin. Eins zu eins die «Moves» von den an­ deren zu übernehmen, war oft nahezu unmöglich. Ich war einfach anders! Doch es gab in Bern nir­ gendwo einen Rollstuhltänzer, von dem ich das Tanzen hätte lernen können. Etliche Versuche, Tanzschulen und bezahlte Tanzstunden später hatte ich die Schnauze voll. Es nervte, die Bewegungen nicht genau gleich ausführen zu können wie «normale» Tänzer, es störte mich, dass ich körperliche Defizite habe und nicht das gleiche Körpergefühl wie die anderen. Nach acht Jahren hängte ich den Traum, durch Tanzen frei zu sein wie ein Vogel, an den Nagel. Fürs Erste hatte ich ausgetanzt. Die Erkenntnis Aber mit dem Tanzen verhält es sich wie mit Kon­ fetti: Irgendwo findet sich immer wieder ein Kon­ fetti, auch wenn man geputzt hat. So konnte ich die Berner Tanzszene nie wirklich ganz hinter mir lassen. Zu tief war ich dort verankert, zu gerne besuchte ich Veranstaltungen rund ums Tanzen. Ich erkannte, dass mein Herz immer voll mit dabei H I P H O P C E N T E R B E R N Trotz allem fliegen können Angelina Wölfling, Kursteilnehmerin (12 Jahre alt) «Seit einem Jahr besuche ich den Tanzkurs für Kinder und Jugendliche mit Handicap. Hier kann ich mein fröhliches Naturell ausleben und mich einbringen. Das Tanzen hilft mir, mich auszudrücken. Im HipHop Center werde ich so angenommen, wie ich bin. Auf diese Zugehö­ rigkeit bin ich sehr stolz. Besonders toll finde ich zudem, dass ich mich nicht nur tänzerisch, sondern auch musikalisch entfalten kann. Hier fühle ich mich wohl!» ©Renate Wernli Louis Amport: «Ich will bei den Kindern die Freude am Tanzen wecken.»

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