ENSEMBLE Nr. / N° 47 - April / Avril 2020

22 Dossier —– ENSEMBLE 2020/47 Der «Salon TheoPhil» bringt ein neues Publikum mit gesellschaftlichen, religiösen und existenziellen Fragen in Kontakt. Die Veranstaltungen im Berner Münster sind be- liebt, auch wenn im Aufstieg zum Turmsaal viele Stufen erklommen werden müssen. Von Michael Braunschweig Hoch über den Dächern der Berner Altstadt ver­ sammeln sich regelmässig 20 bis 30 Persönlich­ keiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur und vertiefen sich in anspruchsvolle The­ men. Die Veranstaltung heisst «Salon TheoPhil – der reformierte Salon im Berner Münster». Ziel ist es, die grossen existenziellen Fragen zu themati­ sieren: Was mache ich mit meinem Leben? Welche Verantwortung habe ich als Mitglied der Gesell­ schaft? Welche Werte lebe ich – im Beruf und privat? Und wie stehe ich zum Glauben, zur Reli­ gion? Für die Astrophysikerin Kathrin Altwegg eröffnete sich dabei ein neuer Zugang zur Kirche: «Im Salon bin ich auf informelle Art mit Exponen- tinnen und Exponenten der reformierten Kirche ins Gespräch gekommen. Die Gespräche haben mich nachträglich noch viele Wochen beschäftigt und zum Nachdenken animiert. Seither habe ich eine viel positivere Haltung gegenüber der Kirche, die aus der Ferne oft verstaubt wirkt.» Kein Angebot unter vielen Der von der Fachstelle «Reformierte im Dialog» veranstaltete Salon spricht gesellschaftliche Ver­ antwortungsträgerinnen und -träger an, für die es nicht selbstverständlich ist, an kirchlichen An­ geboten teilzunehmen – und mit denen man den Dialog gezielt suchen muss. Die Fachstelle ent­ schied sich deshalb für eine besondere Form der Werbung: Die meisten Gäste erhalten eine per­ sönliche Einladung aus ihrem eigenen Netzwerk. Das schafft einen persönlichen Bezug und Ver­ bindlichkeit. Das Projekt will nicht ein Angebot unter vielen sein, sondern gezielt Kontakte aufbauen und Men­ schen aus verschiedenen gesellschaftlichen Berei­ chen miteinander vernetzen. Inmitten der Berner Altstadt und doch ein wenig über dem Alltagsge­ schehen, bietet der Turmsaal des Münsters dafür einen ausgezeichneten Rahmen: «Ich habe sonst wenig Kontakt zur traditionellen Kirche. Darum sind diese Abende für mich eine grosse Bereiche­ rung», sagt Georg Lutz, Direktor des Kompetenz­ zentrums für Sozialwissenschaften FORS. Persönliche Atmosphäre Die Zahl der Teilnehmenden ist begrenzt. So ent­ steht eine Intimität, in der auch Themen und Fra­ gen diskutiert werden, die öffentlich nicht thema­ tisiert würden. Mittlerweile ist der Pool an regelmässig Teilnehmenden auf rund 50 Personen angewachsen. Die Gäste schätzen die persönliche Atmosphäre. «Es gibt sonst kaum Möglichkeiten, in einem ungezwungenen Rahmen mit Persön­ lichkeiten aus der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen», sagt der Berner Herzchirurg Thierry Carrel. Wenn sich im Münsterturm ein Klinikdirektor mit einer Autorin unterhält oder ein CEO dem Vor­ trag eines Mönchs lauscht, entstehen Brücken, die nicht nur den Kirchen, sondern auch anderen In­ stitutionen dienen. Regelmässig zur Sprache kom­ men Fragen nach persönlicher Spiritualität, der gesellschaftlichen Rolle der Kirchen oder der Be­ deutung des Glaubens für das eigene politische Handeln. Die meisten der Gäste haben eine Füh­ rungsrolle und sind häufig auch in der Öffentlich­ keit präsent. Was sie denken und wie sie handeln, hat eine grosse Wirkung auf andere. Darum sind sie für die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solo­ thurn wichtig. Mehr Informationen: www.reformierteimdialog.ch/salon S A L O N T H E O P H I L Tiefsinniges in luftiger Höhe Im «Salon Theo- Phil» über Gott und die Welt reden: hier mit der Astrophysikerin Kathrin Altwegg. Parler de Dieu et du monde au «Salon TheoPhil»: ici avec l’astro­ physicienne Kathrin Altwegg. ©Susanne Goldschmid Photography

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