ENSEMBLE Nr. / N° 48 - Mai / Mai 2020

29 ENSEMBLE 2020/48 —– Fokus insbesondere für die Wintermonate nur unge­ nügend mit Kleidern ausgerüstet, der Bedarf an warmen Kleidern, Schlafsäcken und weiteren Gütern des täglichen Bedarfs ist gross. Iain Camp­ bell und seine Frau Anna, die seit 2016 regelmässig Hilfseinsätze in Griechenland leisten, kaufen darum mit Spendengeldern dringend benötigte Güter in Absprache mit Hilfsorganisationen ein, die sie mit einem ausgeklügelten System an die Flüchtlinge verteilen. Auch die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn haben die Campbells mit einem einmaligen finanziellen Beitrag unter­ stützt. Eine kriminelle Handlung Bereits droht aber neues Unheil: Mitte März wur­ de auf Lesbos eine Einheimische positiv auf den Coronavirus getestet. Um dessen Ausbreitung zu verhindern, haben die Behörden die Bewegungs­ freiheit der Geflüchteten stark eingeschränkt. Unter anderem musste auch das «Alpha Centre» bis auf weiteres schliessen. Die Hilfsorganisation «Ärzte ohne Grenzen» fordert die umgehende Eva­ kuierung der Camps: «Sollte das Coronavirus die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln er­ reichen, droht eine Verschärfung der ohnehin schon katastrophalen Situation. Asylsuchende als Teil der europäischen Abschreckungspolitik unter solchen Bedingungen leben zu lassen, war schon bislang verantwortungslos, nun grenzt es an eine kriminelle Handlung, wenn nichts unternommen wird, um die Menschen zu schützen.» S A M O S Gestrandet Derzeit sitzen rund 42 000 Asylsuchende auf den ägäischen Inseln nahe der türkischen Küste fest. Die Flüchtlingscamps sind über- lastet, die Lebensbedingungen katastrophal. So auch auf Samos, wo die Hilfsorganisa- tion «Samos Volunteers» die Menschen mit einem Tageszentrum und einer Wäscherei unterstützt. Nun droht mit dem Coronavirus neues Unheil. Von Olivier Schmid Das Flüchtlingscamp der griechischen Regierung auf Samos bietet 650 Personen Platz. Zurzeit zählt die ägäische Insel jedoch rund 7600 Asylsuchende. Die meisten von ihnen leben deshalb in den Oli­ venhainen rund um das Camp in undichten Zelten oder behelfsmässigen Unterkünften aus Holzbret­ tern und Plastikplanen und sind Kälte, Wind und Regen ausgesetzt. Es gibt kein fliessendes warmes Wasser, die sanitären Anlagen sind mangelhaft, die hygienischen Bedingungen äusserst prekär. Und die Zukunft der Menschen ist ungewiss: Seit dem Abkommen zwischen der EU und der Türkei 2016 warten einige Familien seit Jahren auf den Asylentscheid. Ein wenig Normalität «Samos Volunteers» ist eine der wenigen Hilfsorga­ nisationen, welche die Flüchtlinge vor Ort unter­ stützen, sei es mit medizinischer Versorgung, psychologischer Betreuung, Rechtsberatung, Hygieneartikeln oder weiteren Gütern des täg­ lichen Bedarfs: «Samos Volunteers» betreibt das «Alpha Centre», einen Begegnungsort für und mit Geflüchteten, das täglich mehrere hundert Men­ schen auf der Suche nach ein wenig Normalität aufsuchen. Hier können die Asylsuchenden Sprach-, Computer- und Fitnesskurse besuchen, wichtige Dokumente fotokopieren, ihr Handy auf­ laden und Kleider flicken; sie können musizieren, tanzen, malen, zeichnen, spielen und ihre Sorgen vergessen. «Dies ist eigentlich eine Arbeit, die von den Behörden und der EU verrichtet werden soll­ te», sagt Iain Campbell, der als Englischlehrer einen mehrmonatigen Einsatz für «Samos Volun­ teers» geleistet hat. Sehr gefragt ist auch die Wäscherei von «Samos Volunteers», wo pro Monat rund 2000 Kleidersäcke gewaschen und getrocknet werden. Doch bei 7600 Personen kommt jede Familie nur alle drei Monate zum Zug. Zudem sind die geflüchteten Menschen Geflüchtet und gestrandet: Die Lebensbe- dingungen auf Samos sind äusserst prekär. Il a fui et s’est échoué: des condi- tions de vie extrê- mement précaires à Samos. ©Robert Cohen

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