ENSEMBLE Nr. / N° 49 - Juni / Juin 2020

18 Fokus —– ENSEMBLE 2020/49 rasch aufgeschaltet. Schon bald machten Freiwil­ lige in vielen Kirchgemeinden ihre ersten Boten­ gänge. Sybille Knieper, Pfarrerin in Oberbipp, wusste dank einer vor Jahren absolvierten Krisen­ übung, was eine Pandemie ist. «Ich wollte deshalb schnell handeln», sagt sie im Rückblick. Ihre Ziele: Den Grundbedarf sichern, und als Kirche helfen. Die dafür nötige Koordination wollte sie sicher­ stellen. In kürzester Zeit, so Knieper, hatte der IT-Fach­ mann Toni Zulauf die Onlineplattform aufgebaut. Auf dieser können Kirchgemeinden ihre Hilfsange­ bote eintragen, Helfende suchen und Nachfragen­ de ermuntern. Im Coronacodex finden sie Richtli­ nien für verantwortungsvolles Helfen; Praxistipps und Infoflyer bieten weitere Hilfestellungen an. Klingeln, hinstellen, Distanz wahren Gleichzeitig kontaktierte die Pfarrerin unzählige Personen, Vereine und Organisationen in der Ge­ meinde Oberbipp. So warb sie Boten an für die All­ tagsunterstützung von Einwohnerinnen und Ein­ wohnern, die Läden und Menschen meiden sollten. Bald hätten Teilnehmende die Koordination der rasch entstehenden Chat-Gruppen übernommen, und «wunderbar schnell» habe die Corona-Task­ force von Refbejuso das Projekt genehmigt. Während des Lockdowns kauften Jugendliche und Erwachsene bis 60 Jahre für andere ein, halfen Kindern beim Homeschooling, gingen mit Hunden spazieren oder lieferten Mahlzeiten aus. Zum Bei­ spiel Bianca Obi, Mutter von zwei Kindern in Nie­ derbipp: Im Wechsel mit einer zweiten Helferin brachte sie einem Mann und einer Frau von Mon­ tag bis Sonntag das Mittagessen aus der Alters­ heimküche. «Klingeln, hinstellen, Distanz wahren – leider kein langes Verweilen, keine Gespräche», beschreibt Obi den Vorgang. Ende März waren laut Sybille Knieper Hilfsangebote von bereits 150 Kirchgemeinden auf der Plattform «Mobile Boten» aufgeschaltet. Woran erinnern Sie sich, wenn Sie zurück- denken an diesen verrückten Corona-Früh- ling? An Notstandsrecht, Distanzhalten und Händewaschen? An abgesagte kirchliche Veranstaltungen? Oder an Gefühle von Ohnmacht und Solidarität? Dann ist es Zeit für einen Blick zurück auf die Entstehung der «Mobilen Boten» – und auf viele weitere spontan lancierte Angebote. Von Gerlind Martin Sie hatte den Corona-Lockdown früher erwartet. Als er dann Mitte März Tatsache wurde, war die von ihr initiierte Onlineplattform mobileboten.ch AGILE KIRCHE – MOBILE BOTEN KIRCHGEMEINDEN IN DER CORONAKRISE ÉGLISE AGILE, COURSIERS MOBILES LES PAROISSES FACE À LA CRISE DU CORONAVIRUS Neue Hilfsangebote «SORGETelefon 65+»: Refbejuso hat ein Sorgentelefon für einsame ältere Menschen lanciert. Im April stand es den Anrufenden täg­ lich von 16 bis 21 Uhr offen – auch an Sonn- und Feiertagen. Denn gerade in den Abendstunden nehmen Einsamkeitsgefühle oft überhand. Die Anrufenden sollen den Tag mit einem leichteren Gefühl beenden können, umschreibt Heidi Minder, Fachbeauf­ tragte Alter bei Refbejuso, das Ziel. Die Gespräche führten Sozial­ diakoninnen und Altersbeauftragte diverser Kirchgemeinden. Online-Seelsorge: Ein Team der landeskirchlichen Spezialseel­ sorge hat die ökumenische Website www .seelsorgefuersie.ch lanciert: mit spirituellen Impulsen in Schrift, Bild und Ton für jeden Tag, für einen Moment der Ruhe, der Kraft und der Inspira­ tion. «Für Menschen, die nicht hinaus können», sagt Pascal Mösli, Spezialseelsorger bei Refbejuso. Video- und Telefonberatung: Die Mitarbeitenden der zehn Be­ ratungsstellen Ehe, Partnerschaft, Familie von Refbejuso haben die Begleitung von ratsuchenden Paaren per Video- und Telefon­ konferenzen weitergeführt. Der Beratungsprozess erleide dadurch keinen wesentlichen Verlust, ist Filip Pavlinec, Psycho-, Paar- und Familientherapeut in Thun, überzeugt. Beratungen über Skype, Zoom und andere Plattformen sieht er als Gewinn: «Ein Kanal mehr für Beratungen.»

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=