ENSEMBLE Nr. / N° 50 - Juli / Juillet 2020

14 Dossier —– ENSEMBLE 2020/50 digkeit und der bewussten Bejahung der Zuge­ hörigkeit zur Gemeinschaft der Gläubigen durch­ läuft. Mit der Partizipation an der einen Feier erschliesst sich auch der Sinn der anderen. Eine «innere Zuordnung» von Taufe und Kon­ firmation besteht insofern, als beide Rituale zen­ trale Ausdrucksformen christlich-reformierten Lebens sind. Wo durch Verkündigung und Bildung die Vermittlung dieser Bedeutsamkeit beider Feiern gelingt, sollte auch ihr innerer Konnex deutlich werden. Und wo ihr theologischer Zu­ sammenhang nicht erfasst wird, laufen auch rein rechtliche Regelungen ins Leere. Persönliche Aneignung der Taufe Die Frage der persönlichen Aneignung der Taufe ist in den reformierten Kirchen der Schweiz seit längerem ein wichtiges Thema. Dabei ist das Be­ wusstsein dafür gewachsen, dass diese Aneignung ein Prozess ist, der etwa in der Familie, im Gottes­ dienst oder im kirchlichen Unterricht stattfindet. Im Kanton Aargau wird das religionspädagogische Handeln explizit «von der Taufe her und auf die Taufe hin» verstanden. Daraus ist zu schliessen, dass die persönliche Aneignung der Taufe nicht auf die Konfirmation beschränkt ist. Unabhängig vom Verständnis der Konfirmation findet in unse­ rer Kirche bereits jetzt «konfirmierendes Handeln» statt. In ihrem konfirmierenden Handeln unter­ stützt die Gemeinde die jungen Menschen als In­ dividuen mit eigenem Glauben, indem sie ihnen immer wieder das grosse Ja Gottes zuspricht. Kirchenrechtliche Regelung Die Kirchenordnung erlaubt eine Entkoppelung von Taufe und Konfirmation, auch wenn sie bis­ lang in dieser Hinsicht nicht widerspruchsfrei ist. Sie stellt Kinder- und Erwachsenentaufe gleich (Art. 35 Abs. 1). Will man die Freiheit zur Erwach­ senentaufe wirklich gewährleisten und nimmt man ernst, dass Art. 62 ausschliesslich taufunab­ hängige Bedeutungen der Konfirmation nennt, erscheint die Taufe als Voraussetzung für die Konfirmation theologisch gesehen als Fremd­ körper. Die Arbeitsgruppe «Religionspädagogisches Handeln» schlägt deshalb vor, Art. 63 Abs. 2 zu den Voraussetzungen der Konfirmation zu revi­ dieren und explizit festzuhalten, dass auch nicht getaufte Mitglieder der Kirche konfirmiert werden können, in der Vorbereitung auf die Konfirmation die Taufe als zentrale Dimension christlichen Glaubens aber thematisiert werden soll. Damit wird das Bedingungsverhältnis von Taufe und Konfirmation aufgehoben und die Grundlage da­ für gelegt, dass deren innere Zuordnung in Unter­ richt und Konfirmationsgespräch zur Sprache kommt. Was genau wird bestätigt? Matthias Zehnder *– Spätestens ein paar Monate vor der Konfir­ mation, wenn die Sekretärin nach fehlenden Taufdaten von Kon­ firmandinnen oder Konfirmanden fragt, realisieren wir im Pfarr­ amt schlagartig, dass «etwas» vergessen gegangen ist. Gemeinsam mit den Jugendlichen und den Eltern suchen wir in solchen Fällen nach Möglichkeiten, ob und wie die Taufe vor der Konfirmation durchgeführt werden kann. Doch häufig ist es da­ für schon zu spät. Zwar habe ich auch schon Ausnahmen aus «seelsorgerlichen Gründen» gemacht und Ungetaufte dennoch konfirmiert. Denn eine Taufe vor der Konfirmation, quasi um jeden Preis, entwertet in meinen Augen die Taufe als sakramen­ tale Handlung. Gerade wir Reformierten sollten es tunlichst ver­ meiden, die Taufe auch nur mit einem Hauch von Zwang in Verbindung zu bringen. Immer stellte sich mir zudem die Frage, was bei der Konfirmation eines ungetauften Jugendlichen genau bestätigt wird. Denn im Vergleich zur Kirchenordnung sind für mich die Taufe und die Konfirmation viel näher aufeinander bezogen. Doch angesichts der Tatsache, dass der Anteil unge­ taufter Kinder in den KUW-Klassen nicht nur in städtischen, sondern auch in ländlichen Gebieten wächst, sehe ich durchaus Chancen für ein Konzept, um in ein und derselben Feier unge­ taufte Jugendliche zur Taufe zu führen und getaufte Jugendliche zur Konfirmation. * Pfarrer in Wasen vor an einem Zusammenhang der beiden Feiern festgehalten, ihr Verhältnis aber flexibler gedacht. Die Taufe wird verstanden als der Ritus des Ein­ bezugs eines Menschen in den Bund Gottes und der Aufnahme in die christliche Gemeinde, die Konfirmation als die öffentliche Feier der religiö­ sen Mündigkeit eines Menschen, seiner Bejahung der Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft und von Gottes Segen. Es ist offenkundig, dass beide Rituale Teil des christlich-reformierten Lebens sind, dass sie aber nicht unmittelbar zusammengehören. Dass je­ mand zur christlichen Gemeinde gehören möchte, ohne dies bei der Taufe zu bekunden, ist theolo­ gisch gesehen schwer vorstellbar. Und dass ein in seiner Kindheit getaufter Mensch eine öffentliche Feier der religiösen Mündigkeit ablehnen würde ebenfalls. Umgekehrt liegt es nahe, dass die Frage des Getauftseins in den Blick kommt, wenn man mit der Konfirmation die Feier der religiösen Mün­ Theologisch gesehen hat die Taufe vor der Konfirmation den klaren Vorrang.

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