ENSEMBLE Nr. / N° 53 - November / Novembre 2020
12 Dossier —– ENSEMBLE 2020/53 Sri Sinnathamby ist Buchhalterin im Kultur- verein Murugan. Wie auch der Vorstands- präsident Rajhkumar Sivanathan und viele Freiwillige, die sich im hinduistischen Tempel in Toffen bei Bern betätigen, arbeitet sie unentgeltlich – nur der Priester erhält ein Gehalt. Trotzdem steht der Kulturverein vor grossen finanziellen Herausforderungen. Von Daria Lehmann Mehrköpfige Gottheiten in schrillen Farben, der Glaube an die Wiedergeburt und an die heilige Kraft Brahman, welche Schöpfung, Bewahrung und Zerstörung in einem einzigen Wesen vereint: Der Hinduismus ist eine Weltreligion, die vielen Christinnen und Christen fremd sein mag. Für die rund 500 Tamilinnen und Tamilen in der Region Bern hingegen bietet der hinduistische Kultur verein Murugan in Toffen ein Stück Heimat. «Als ich 1985 in die Schweiz kam, gab es keinen Tempel», erzählt Sri Sinnathamby. Es sei ihr von Anfang an ein Anliegen gewesen, in der Schweiz einen solchen spirituellen Ort zu schaffen und ihn auch anderen zugänglich zu machen. Von einer ähnlichen Vision berichtet der Vorstandspräsident Rajhkumar Sivanathan: «Unser Ziel ist es, die Re ligion und Kultur der hier lebenden Tamilinnen und Tamilen zu pflegen.» Integrationsarbeit, Seelsorge und Nothilfe Der Kulturverein Murugan wurde 1992 gegründet. Doch erst 2013 konnte der Verein in Toffen ein Grundstück erwerben und zwei Jahre später einen Tempel errichten. Die religiöse Stätte ist nicht nur ein Ort des Gebets, sondern bietet auch Raum für persönlichen Austausch zwischen den Mitglie dern. «Man hilft sich gegenseitig», sagt Sri Sinna thamby. Dabei gehe es um informelle Integrations arbeit, Seelsorge durch den Priester oder finanzielle Nothilfe. Auch Religionsunterricht solle ermöglicht werden, sobald die geplante Re novation des Kultursaals im Tempel habe umge setzt werden können, ergänzt Rajhkumar Sivana than. «Aber bereits jetzt kommen viele junge Leute in den Tempel und lernen so unsere Religion kennen.» So auch Saiehaaran Kathirgamanathan, der sich als freiwilliger Helfer bei den täglichen Ri tualen zur Ehrung der Gottheiten und bei weiteren Zeremonien engagiert. Ihm sei insbesondere der Austausch mit anderen Religionsgemeinschaften ein wichtiges Anliegen, so der 18-Jährige. «Nur so können wir die Zukunft unserer Kultur und Reli gion sichern.» Trotz Schwierigkeiten optimistisch Die grössten aktuellen Herausforderungen für den Kulturverein Murugan betreffen den Bau des Tempels: Die aufgenommenen Schulden müssen abbezahlt und gleichzeitig sollte der Kultursaal renoviert und der Eingangsturm des Tempels gebaut werden. «Beim Bau des Tempels vor fünf Jahren wurde keine Baubewilligung für den Gopuram erteilt», berichtet Saiehaaran Kathirga manathan. «Dieser Eingangsturm ist für uns aber von grosser Bedeutung.» Die finanzielle Situation des Vereins hat sich indes mit der Corona-Krise verschärft. Da sich der Kulturverein einzig durch Mitgliederbeiträge, Spenden und Einnahmen von Zeremonien finan ziere, seien wichtige Einnahmequellen weggebro chen, so die Buchhalterin Sri Sinnathamby. Doch trotz diesen Schwierigkeiten blickt der Vorstand optimistisch in die Zukunft: «Die Zusammenarbeit mit den 23 weiteren Hindutempeln in der Schweiz wird wohl noch wachsen», sind sich Rajhkumar Sivanathan und Sri Sinnathamby einig, «und so bald wir den Kultursaal im Tempel renovieren können, werden wir auch unsere Angebote weiter ausbauen.» K U L T U R V E R E I N M U R U G A N Ein Stück Heimat ©zVg Mehrköpfige Gottheiten, schrille Farben, Glaube an Wieder- geburt: Der Hindu- ismus ist hier zulande vielen Menschen fremd. Des divinités à plusieurs têtes, des couleurs chatoyantes, la croyance en la réincarnation: l’hindouisme est étranger à beau- coup de gens dans ce pays.
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