ENSEMBLE Nr. / N° 53 - November / Novembre 2020

7 ENSEMBLE 2020/53 —– Dossier um Leistungen im gesamtgesellschaftlichen Inte- resse zu erbringen. Für die privatrechtlich organi- sierten Religionsgemeinschaften ist die Ausgangs- lage heute anders. Diese Ungleichbehandlung lässt sich längerfristig nicht rechtfertigen. Einige der befragten privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften wünschen sich in staat- lichen Institutionen wie Spitälern oder Gefäng- nissen Seelsorgende aus ihrer Religionsgemein- schaft. Für diese Seelsorgenden ist es aber schwierig, eine Anstellung zu bekommen, weil ihnen oft die verlangten Qualifikationen fehlen. Staatliche Institutionen brauchen hochqua­ lifiziertes und professionelles Personal. Das be- deutet aber aus meiner Sicht nicht, dass alle Angestellten genau dieselben akademischen Ab- schlüsse haben müssen. Ist es wirklich sinnvoll, dass ein Mönch, der in einem buddhistischen Klos- ter eine jahrzehntelange Ausbildung genossen hat und für Mitglieder seiner Glaubensgemeinschaft die erste Ansprechperson für Seelsorge ist, einen Masterabschluss vorweisen muss? Angezeigt ist eine differenzierte Betrachtung der Kandidieren- den, ihrer Ausbildung, Sprachkompetenz und Er- fahrung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Leistungsempfängerinnen und -empfänger. Die Strukturen sollten dieser komplexen Lebens- welt gerecht werden. Einige der von uns porträtierten Religionsgemein- schaften wünschen sich zudem die kleine oder reguläre öffentlich-rechtliche Anerkennung durch den Staat. Dies könnte eine finanzielle Unterstüt- zung oder den Zugang zu staatlichen Institutionen erleichtern. Im Rahmen der Diskussion zum Landeskirchen- gesetz hat der Grosse Rat klar festgehalten, dass er keine öffentlich-rechtliche Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften anstrebt. Massnahmen zur Förderung von Religionsgemeinschaften, die gesellschaftlich relevante Leistungen erbringen, will er aber prüfen. Massnahmen wie eine finan- zielle Unterstützung oder der Zugang zu staatlichen Institutionen hängen nicht grundsätzlich von einer öffentlich-rechtlichen Anerkennung ab. Eine solche Anerkennung wäre zudem auch eher azyklisch in einer Zeit, in der sich Staat und Landeskirchen sanft entflechten. Eine Anerkennung schafft zudem im- mer auch Ausgrenzung, was aus meiner Sicht keine gute Grundlage für eine Religionspolitik ist. Welche Kriterien müssen privatrechtlich organi- sierte Religionsgemeinschaften erfüllen, um vom Staat unterstützt zu werden? Bestimmte Kriterien wie finanzielle Transpa- renz und demokratische Strukturen sind gesetzt. Das religionspolitische Monitoring soll die Grund- lage bilden, um weitere Kriterien zu formulieren, welche die Grundvoraussetzung für eine institu- tionalisierte Beziehung bilden könnten. Welches Verhältnis zwischen Staat und Religions- gemeinschaften schwebt Ihnen vor? Religionsgemeinschaften leisten einen wichti- gen Beitrag zur Solidarität in der Gesellschaft und zur Vermittlung von Werten wie Selbstverant­ wortung oder Nächstenliebe. Diese Werte bilden eine Grundvoraussetzung für das friedliche Zusam- menleben der Gesellschaft und das Funktionieren unseres Rechtsstaats. Deswegen gilt es, die part- nerschaftliche Zusammenarbeit von staatlichen und religiösen Akteuren fortzusetzen und weiter- zuentwickeln. F David Leutwyler, délégué aux affaires ecclésiastiques et religieuses du canton de Berne depuis début 2020, estime que la nouvelle loi sur les Eglises nationales bernoises permet d’envisager le financement de prestations réali- sées par des communautés religieuses de droit privé. Par Zeadin Mustafi et Mathias Tanner Monsieur Leutwyler, quelles sont vos tâches et vos ambitions? Mon cahier des charges est encadré par la nou- velle loi sur les Eglises nationales bernoises et par le mandat du Conseil-exécutif, qui m’a chargé de réaliser un monitorage des religions. Mon rôle de délégué aux affaires ecclésiastiques et religieuses est de préparer les affaires politiques relevant de mon domaine de compétence, de soutenir les organes cantonaux qui doivent traiter des dossiers religieux, d’épauler les communautés religieuses reconnues de droit public, d’enregistrer les pres- tations des communautés religieuses de droit privé et de déterminer les situations où l’égalité de traitement avec les Eglises nationales est indi- quée; enfin, de penser une politique religieuse à laquelle se rallient aussi les personnes sans reli- gion et sans confession. Ma mission se résume donc à créer un cadre étatique équitable. J’estime que pour l’accomplir le mieux possible, je dois connaître plus en profondeur les différentes com- munautés religieuses du canton de Berne. La Direction de l’intérieur et de la justice du canton de Berne a annoncé un monitorage des religions. De quoi s’agit-il? Pour mener une bonne politique, il faut connaître les besoins de la population. Le moni-

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