ENSEMBLE Nr. / N° 54 - Dezember / Décembre 2020

20 Dossier —– ENSEMBLE 2020/54 Harte Riffs und schnelle Rhythmen, kraft- voller Gesang und wild aufspielende Gitarren: Die Metalchurch ist ein Paradebeispiel für neue Formen kirchlicher Präsenz – als eine Kirche für Menschen, die in der Kultur der harten Rockmusik zu Hause sind. Von Manuel Münch* Was vor acht Jahren im Musikclub Downi in Worb­ laufen begann und in der Blues Beiz in Niederbipp seine Fortsetzung fand, geht heute im Soho Club in Wangen an der Aare über die Bühne: Viermal im Jahr feiern dort Metal-Fans einen Gottesdienst. Im September lud die Metalchurch erneut zum «Heavy Sanctum» ein. Die Metalchurch-Band stimmt die Besuchen­ den mit dem Song «Heavy Metal Jesus» ein: energiegeladen, präzise gespielt und perfekt ab­ gemischt. Im Predigtteil nimmt Samuel Hug, Metal- und Gemeindepfarrer aus Niederbipp, Be­ zug auf den Song «Pandemic» der Heavy-Metal- Band Accept. Er rekapituliert, wie Covid-19 in den letzten zehn Monaten Tod, Leid und Restriktionen über die Welt brachte, und hält fest, dass die Metaller, wie Fans dieses Musikstils bezeichnet werden, wohl etwas weniger heftig aus ihren ver­ trauten Bahnen geworfen wurden. Denn für sie sind die Schattenseiten des Lebens immer da. Tod, Angst, Krankheit und Gewalt werden nicht ver­ drängt. Ihre Musik drückt Emotionen aus und prangert Missstände an. Pfarrer Samuel Hug verbleibt aber nicht in der Pandemie-Dunkelheit, sondern plädiert dafür, sich von der frohen Botschaft des Evangeliums anste­ cken zu lassen. Ein Virus der Hoffnung soll vom Lichtlein zum Feuerwerk werden, damit sich unse­ re Herzen mit Liebe füllen und wir zu Boten dieser Hoffnung werden. Vor dem Ausgangslied spricht Pfarrer Hug den Segen. Auch dieser hat eine me­ tallische Note: «Dr drüeinig Gott, dr Herr vo Stahl und G’walte sägni di und bhüeti di! Dr Herr vo Blitz und Saite löi sis Agsicht lah lüchte über dir und sig dir gnädig! Dr Herr vo Donner und Stilli wändi dir sis Agsicht zue und gäbi dir Friede! Amen.» Im An­ schluss an den Gottesdienst stehen die Konzerte zweier Metal-Bands auf dem Programm. Was zeichnet die Metal-Subkultur aus? Was ist ihr Verhältnis zum Christentum? Und was können zukünftige neue Formen kirchlicher Präsenz von der Metalchurch lernen? Wir haben bei Samuel Hug nachgefragt. Samuel Hug, warum braucht es Metal-Gottes­ dienste? Für zahlreiche Menschen ist die Metal-Kultur ihre Lebenswelt, ihre Musik und ihre Leidenschaft. Zu Kirche und Gottesdienst im herkömmlichen Sinn haben sie keinen Zugang. Deshalb braucht es, als Ergänzung zu anderen Formen, Metal-Got­ tesdienste. Ich hoffe aber, wer sich in einem Metal- Gottesdienst berühren lässt und den «Geschmack des Himmels» kostet, merkt längerfristig, dass die kulturellen Fragen nicht matchentscheidend sind. Wer besucht die Metal-Gottesdienste? Es sind in erster Linie Metal-Fans, vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Aber das Altersspektrum ist breit. Es gibt auch Seniorinnen und Senioren, die hier ein und ausgehen. Und es sind längst nicht alle Metaller. Einige kommen aus Neugierde, haben mit Glauben und Kirche ver­ meintlich abgeschlossen und finden hier einen neuen Zugang. Was sind die Erfolgsfaktoren der Metal-Gottes- dienste? H A R D M U S I C – S T R O N G M E S S A G E Den Geschmack des Himmels kosten * Beauftragter Jugend der Reformierten Kirchen Bern-Jura- Solothurn Metalpfarrer Samuel Hug bringt in seinen Predigten die Metal-Kultur in einen Dialog mit den biblischen Traditionen. Dans ses sermons, le pasteur métal Samuel Hug met en dialogue la culture du métal avec les traditions bibliques. ©Manuel Münch

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