ENSEMBLE Nr. / N° 55 - Januar / Janvier 2021

15 ENSEMBLE 2021/55 —– Dossier Sinnvolles tun. «Sie setzen zum Teil unzählige Stunden für die Begleitung der Jungen ein», sagt Hunziker. Dass Refbejuso dieses kostengünstige, niederschwellige und wirksame Programm der Oekonomischen Gemeinnützigen Gesellschaft (OGG) im Berner Generationenhaus finanziell und ideell mitträgt, findet Hunziker passend: «Genau das soll Kirche tun: Jungen Menschen Bezie­ hungen und Verbindlichkeit anbieten, sie in schwierigen Lebensphasen und bei Übergängen begleiten.» «Den Lärm ausschalten» Woran lassen sich gute Beziehungen eigentlich erkennen? «Wenn ich mich fallen lassen kann, ist die Beziehung vertrauensvoll», antwortet Werner Schäppi spontan. Seit fast 30 Jahren leiten er und seine Frau, die Psychologin Maja Schäppi-Frutiger, die Beratungsstelle Ehe, Partnerschaft, Familie von Refbejuso in Interlaken. «In einer vertrauensvollen Beziehung kann ich mich sicher fühlen. Ich kann ich selber sein und mich öffnen, ohne zu befürch­ ten, das Gesagte werde gegen mich ausgelegt.» Kurz und knapp definiert er auch Freundschaft: So sein, wie ich bin. Voraussetzung seien gegen­ seitige Aufmerksamkeit, Neugier, Empathie, Sym­ pathie und Zeit. «In einer guten Beziehung will ich wirklich wissen, wer die andere Person ist, was sie denkt.» Und was gefährdet Beziehungen? «Unter an­ derem die Ablenkungsindustrie», antwortet er, «sie absorbiert die Aufmerksamkeit.» Er erwähnt das «geniale» Smartphone, das unablässig sage: Schau mich an! So könne in einer Beziehung die Aufmerksamkeit für den Partner, die Partnerin, für das gemeinsame Erleben, verloren gehen. Doch dieses Gefühl, keine Zeit zu haben, sei eine Realität. Der Berater denkt an berufstätige Paare mit Kindern, die Paarzeit zwar vermissen, aber meist zu erschöpft seien dafür. Es ist ihm heute wichtiger, Ratsuchende von diesem Druck zu ent­ lasten, als sie für kommunikative Hausaufgaben zu motivieren. Bereits in der ersten Konsultation sollen sie Abstand nehmen und von aussen auf ihren Alltag und ihre Beziehung schauen können. «Den Lärm ausschalten» nennt Werner Schäppi das, und meint damit: Innehalten, sich einen Mo­ ment lang aus allem herausnehmen. Je verstrick­ ter jemand sei, desto weniger liessen sich die eigenen kreativen Ressourcen nutzen. «Im Nah­ kampf kommen Bedürfnisse nicht zum Vorschein.» Wer in der Konsultation – oder noch besser immer wieder im Alltag – innehalte, merke bald, was im eigenen Leben wichtig sei. Ein Schlüssel zum Glück Was läuft falsch, wenn Menschen am Lebensende feststellen: «Ich wünschte, ich wäre mit meinen In der Paartherapie: Abstand nehmen und von aussen auf den Alltag und die Be­ ziehung schauen. En thérapie de couple: prendre de la distance et avoir un regard exté- rieur sur la vie quoti- dienne et la relation. © Tom Kaffka

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