ENSEMBLE Nr. / N° 56 - März / Mars 2021

12 Doss i er —– ENSEMBLE 2021 /56 Lesen. Denn mit einem Budget, das einen Viertel des von der Schweizerischen Konferenz für Sozial­ hilfe festgelegten Existenzminimums beträgt, kann sich die Familie kaum etwas leisten. Um das schmale Budget der Nothilfebeziehen­ den etwas zu entlasten, verteilt ihnen die Kirch­ gemeinde Aarwangen Gutscheine für die Brocken­ stube. Und im Kaffee-Treff steht ein Computer zur Verfügung. Die Freiwilligen unterstützen sie bei Bedarf auch bei administrativen Fragen und üben mit ihnen Deutsch. Vermittelnde Rolle der Kirche Pfarrer Marcel Schneiter sieht seine Rolle primär als Vermittler: zwischen den Bewohnern des Rück­ kehrzentrums und der Bevölkerung, zwischen der Zentrumsleitung und kritischen Freiwilligen. «Ge­ rade als Kirche können wir mit unserer neutralen Position sehr viel zu einer gegenseitigen Verstän­ digung beitragen.» Ähnliche Engagements wie in Aarwangen gibt es auch an den Standorten der anderen Rückkehr­ zentren im Kanton Bern. Die Aktivitäten mussten wegen des Coronavirus jedoch ausgesetzt werden. Dies ist für die Menschen in den Rückkehrzentren sehr schmerzhaft, sagt Marcel Schneiter. «Bereits die dunkle Jahreszeit setzt ihnen zu. Nun fällt auch noch die Möglichkeit weg, sich ausserhalb der Unterkunft zu treffen. Die Gefahr besteht, dass sie sich gänzlich zurückziehen und wir sie aus den Augen verlieren.» Eine weitere Möglichkeit, die abgewiesenen Asylsuchenden in ihrer schwierigen Situation zu begleiten, ist die kirchliche Seelsorge. Im vergan­ genen Jahr haben die drei Landeskirchen und die jüdische Gemeinde Bern gemeinsam eine Seel­ sorgestelle finanziert. «Diese Art der Begleitung ist besonders wertvoll», betont Marcel Schneiter, erst so könne man überhaupt Kontakte zu den Menschen in den Unterkünften knüpfen. Für die langfristige Finanzierung dieses Seelsorgeange­ bots wird gegenwärtig eine Lösung gesucht. Private bieten Hand «Am Anfang steht immer die Beziehung», sagt Pfarrer Daniel Winkler. Auch hier wieder dieser Satz. Der Pfarrer aus Riggisberg spielt allerdings auf ein anderes, durchaus weitreichenderes Engagement an: die sogenannte private Unter­ bringung. Menschen aus der Bevölkerung bieten abgewiesenen Asylsuchenden private Räumlich­ keiten als Unterkunft an. Diese Lösung wurde vor gut einem Jahr von kirchlichen und zivilgesell­ schaftlichen Gruppen gemeinsam mit den Behör­ den erarbeitet. «Wenn du jemanden jahrelang begleitest und plötzlich erhält diese Person einen negativen Asylentscheid, ist das sehr hart», sagt Daniel Winkler. Dann sei es wichtig, «dass man Die Kirche muss sich auch auf übergeordneter Ebene für abgewiesene Asylsuchende einsetzen. Viele Menschen, die das Seelsorge­ angebot der Kirchen nutzen, sind verzweifelt und zermürbt. De nombreuses personnes qui ont recours au service d’aumônerie des Eglises sont déses- pérées et usées. ©Mauro Mellone

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