ENSEMBLE Nr. / N° 57 - April / Avril 2021

13 ENSEMBLE 2021 /57 —– Doss i er «WIR MÜSSEN WEITER KÄMPFEN » ZWEI GENERATIONEN – ZWEI PERSPEKTIVEN «NOUS DEVONS CONTINUER À LUTTER » DEUX GÉNÉRATIONS, DEUX FAÇONS DE VOIR Ein Gespräch mit Anita Masshardt, frisch pensionierte Pfarrerin der Kirchgemeinde Paulus in Bern, und Sophie Kauz, Pfarrerin der Kirchgemeinde Zollikofen und Vize- präsidentin der Synode von Refbejuso. Von Susanne Schneeberger* und Olivier Schmid Wann haben Sie sich das letzte Mal wegen Ihres Geschlechts diskriminiert gefühlt? Anita Masshardt: Das ist zum Glück schon lan­ ge her. Doch früher hatten im Kirchgemeinderat die Voten der Männer stets viel mehr Gewicht. Dass wir Frauen weniger Gehör fanden und nicht ernst genommen wurden, löste Ohnmacht und Wut aus. Sophie Kauz: Als mein Mann und ich 2018 hei­ rateten, wollten wir unsere Familiennamen be­ halten. Während die Standesbeamtin meinen Mann nur einmal fragte, ob dies für ihn stimme, hakte sie bei mir mehrmals nach. Ob ich verstan­ den hätte, dass wir dann nicht gleich hiessen? Als ob ich mir das weniger gut überlegt hätte als mein Mann. Anita Masshardt, Sie waren 1990 eine der ersten Pfarrerinnen in der Schweiz, die sich eine Stelle mit einer Kollegin teilte. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Mein Mann und ich hatten einen zweijährigen Sohn und wollten beide zu 50 Prozent arbeiten. Also bewarb ich mich gemeinsam mit einer Pfarr­ kollegin um eine Vollzeitstelle bei der Kirchge­ meinde Paulus. Doch Jobsharing hatte es noch nie gegeben, die Kirchgemeinde musste dies erst be­ willigen. An der Kirchgemeindeversammlung gab es auch sehr kritische Fragen: Könnt ihr gewähr­ leisten, bei Notfällen rund um die Uhr erreichbar zu sein? Sind Pfarramt und Kinder nicht eine Über­ * Theologin und Fachbeauftragte Entwicklungszusammen­ arbeit der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn Anita Masshardt: «Eine Frau muss nicht dem Bild der kinder- losen Powerfrau entsprechen, die sich voll im Job engagiert.» Anita Masshardt: «Une femme n’a pas à se conformer à l’image de la femme de pouvoir sans enfant qui se consacre entièrement à son travail.» Sophie Kauz: «Ich zeige als Pfarrerin immer wieder die weibliche Seite von Gott auf.» Sophie Kauz: «En tant que pasteure, je montre toujours le côté féminin de Dieu.» © zVg © Paola Kobelt

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