ENSEMBLE Nr. / N° 59 - Juni / Juin 2021

13 ENSEMBLE 2021 /59 —– Doss i er − zweimal jährlich der Familiengottesdienst im Saal des örtlichen Altersheims stattfindet. Nicht zu vergessen gilt es, dass wir dabei mehr mit den Menschen mit einer Demenz sprechen, statt über sie. Auf diesem Weg sind erstaunliche Erfahrungen nicht ausgeschlossen: Wenn der Zwi­ schenruf «Mir ist langweilig, ich will nach Hause» in einer Predigtsituation nicht nur für Gelächter und Lebendigkeit im Gottesdienst sorgt, sondern damit im anschliessenden Kirchencafé für alle ein Austausch über die Gestaltung der Gottesdienste beginnt; wenn die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz die anderen daran erinnert, dass jede Theologie Sinnlichkeit braucht – durch Worte, die Fleisch werden in Bildern, Tönen, Berührungen, Gerüchen und Farben; wenn der bisherige Fokus auf Intellekt und Vernunft durch die Erfahrungen einer körpernahen Spiritualität und einer neuen Wertschätzung von Emotionen eine für alle heil­ same Erweiterung erfährt; wenn die Verlang­ samung und Reduzierung, die demenzsensibles − «Gemeindepaten» aus der Nachbarschaft Men­ schen mit Demenz zu Veranstaltungen beglei­ ten, an ihrer Seite bleiben und sie im Anschluss wieder nach Hause bringen; − der Kirchenraum, der Gemeindesaal und ande­ re Räumlichkeiten auf eine gute Akustik, tech­ nische Hilfsmittel, den Abbau von Barrieren und Orientierungshilfen überprüft werden; − das Thema in einem Projektmonat nicht nur in allen Predigten und Ansprachen, sondern auch von den Konfirmanden, dem Kindergarten, der Lektorengruppe oder der Gemeindebibliothek aufgegriffen wird; − ein gemeinsames Fortbildungsangebot Pfarr­ personen, Ehrenamtliche, Küsterinnen oder Ge­ meindesekretäre im Umgang und bei einer wertschätzenden Kommunikation mit Men­ schen mit Demenz unterstützt; − ein Beitrag im Gemeindebrief auf die besondere Situation demenzerkrankter Gemeindeglieder aufmerksam macht und auf wohnortnahe An­ sprechpartner verweist; − bei allen Veranstaltungen gezielt darauf geach­ tet wird, dass alle Sinne (über Musik, Essen, Be­ wegung usw.) genauso angesprochen werden wie der Verstand; − Gottesdienste am Sonntagmorgen regelmässig gezielt in einfacher Sprache gestaltet werden – elementar, aber nicht kindlich, lebensnah, aber nicht trivial; Kleine Schritte sind wichtiger als grosse Projekte, neue Erfahrungen wichtiger als Perfektion. Demenzgerechte Gottesdienste sprechen die Sinne genauso an wie den Verstand. Les cultes adaptés aux personnes atteintes de dé- mence font appel aux sens autant qu’à l’esprit. © zVg

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