ENSEMBLE Nr. / N° 59 - Juni / Juin 2021

27 ENSEMBLE 2021 /59 —– Fokus den von jedem einzelnen unterschiedlich emp­ funden; ich «Alte» habe eine Rente, habe die Welt erlebt, bin gereist, war im Ausgang ... ich habe alles gedurft. Aber die Jungen?! Muss ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben? Ob ich in dieser Situ­ ation etwas Positives finde (Solidarität, techno­ logisches Neulernen, Dankbarkeit für das, was noch möglich ist, Kreativität ...) oder ob ich nur Negatives sehe (weniger Kontakte, geschlossene Restaurants, Masken, Einschränkungen ...), liegt bei mir, bei meiner Einstellung, und diese kann ich selber wählen. Ich bin dankbar für alle politi­ schen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Entscheidungsträger, die jetzt ihre Arbeit für uns machen und damit eine Verantwortung überneh­ men müssen, die eigentlich gar nicht für alle glei­ chermassen zu erfüllen ist. (1947 w) Als Seniorin befinde ich mich wirtschaftlich in einer komfortablen Situation, ohne Existenzängs­ te wie jüngere Leute, was wesentlich zu einer gu­ ten Lebensqualität beiträgt. Falls ich an Corona erkranken sollte, wird das bei mir und meiner Familie kein Drama auslösen, wir haben ausführ­ lich darüber gesprochen. Alle wichtigen Doku­ mente, Vorsorgeauftrag, Testament etc. habe ich Seit Beginn der Coronapandemie ist die «Risikogruppe» in aller Munde. Die Betroffe- nen kommen aber nur selten zu Wort. Was denken sie über die Pandemie? Wie erleben sie die Krise? Und können sie der Situation auch Positives abgewinnen? Stéphanie Schafer, Sozialdiakonin der Kirchgemeinde Muri-Gümligen, hat rund 200 Menschen zwischen 65 und 97 Jahren gefragt, von denen die meisten in den eigenen vier Wänden leben. Einige ausgewählte Antworten. Von Stéphanie Schafer Der Pessimist sieht das Dunkel im Tunnel, der Optimist sieht das Licht am Ende des Tunnels und der Realist wartet ab. (1947 m, Realist) Unsere Generation ist bis jetzt verschont geblieben von kollektiven Krisen wie Krieg oder Seuchen. Nun werden auch wir von einer globalen Krise heimgesucht, und im Gegensatz zu privaten Kri­ sen sind wir in dieser Krise nicht allein. Ich denke, diese Pandemie, dieses Virus ist für uns alle neu, unbekannt, irritierend, aber die Folgen davon wer­ R Ü C K B L I C K A U F E I N J A H R C O R O N A Einsame Tage und Glücksmomente Im Lockdown zu Hause auf dem Balkon: Zeit zum Innehalten und die Einsicht, nicht alles beeinflussen zu können. Confiné à la maison sur le balcon: le temps de faire une pause et de prendre conscience que l’on ne peut pas tout influencer. © Keystone / Westend61 / Uwe Umstätter

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