ENSEMBLE Nr. / N° 60 - Juli / Juillet 2021

12 Doss i er —– ENSEMBLE 2021 /60 Brian Perry ist frischgebackener Kirchen- führer. Seine Faszination für Kirchen und Geschichten weckten seine Neugier an der sechstägigen Ausbildung, welche die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn alle zwei Jahre durchführen. Von Alena Lea Bucher Brian Perry ist Katechet und arbeitet in der Kirchgemeinde Hilterfingen, mit wun­ derschönem Blick auf die Berge und den Thunersee. Brian ist in den USA aufge­ wachsen und 1994 in die Schweiz gekom­ men. Die zahlreichen kirchlichen und historischen Gebäude, ihre Geschichten und ihre Vielfalt faszinierten ihn schon damals. Wenn er eine Kirche betritt, schaut er sich die verschiedenen Struktu­ ren und Bilder an. Er versucht sich vorzu­ stellen, wieso die Leute beim Bau der Kirche genau diese Struktur gewählt haben und was für Ge­ schichten sich in den Gebäuden zugetragen haben. Für ihn ist dies wie das Suchen und Lösen von Rätseln. In der Kirche Hilterfingen sind viele Wände weiss. Die Kirche ist lichtdurchflutet, mit unter­ schiedlichen Stimmungen je nach Tageszeit. Die Kirche sei perfekt, um sich hinzusetzen und zu lesen, sagt Brian. Die verschiedenen Familienwap­ pen in der Kirche regen ihn dazu an, zu recher­ chieren und die Geschichten der Familien heraus­ zufinden. Ebenso gerne erkundet Brian andere Kirchen oder historische Gebäude in der Schweiz, manchmal nimmt er Freunde und Bekannte mit, wenn sie sich dafür interessieren. Lustige und traurige Geschichten Auf einem Hügel mit Blick auf Kirche und wunder­ schöner Aussicht startet er jeweils seine Führung «Glanz und Gloria», eine seiner drei im Kurs er­ arbeiteten Kirchenführungen. Vom Hügel aus geht er mit den Teilnehmenden auf Spurensuche und verteilt ihnen Briefe von bekannten lokalen Per­ sönlichkeiten aus den letzten 13 Jahrhunderten. Leider konnte er diese Führung wegen Corona bisher nur virtuell durchführen. Im Archiv der Kirchgemeinde Hilterfingen fin­ det man Dokumente über Beschlüsse der Kirche. «Manchmal sind es traurige und erschütternde Geschichten, zum Beispiel über Täuferfamilien, die verstossen wurden. Es gibt aber auch lustige Ge­ schichten.» Diese Geschichten erzählt er gerne – und sie werden auch gerne gehört. Manchmal be­ suchen ihn auch Menschen aus Amerika, auf den Spuren der Täuferfamilien. Für sie bereitet Brian eine spezielle Führung vor. Die Teilnehmenden er­ hielten keine akademische Dissertation, sagt Brian, er benutze eher selten Fachwörter, ausser er habe eine Zielgruppe, die sich dafür interessiere. Die Kirche spielerisch erkunden Seit einigen Jahren führt Brian auch Führungen mit der 5. KUW-Klasse durch. Diese laufen ganz anders ab als Führungen für Erwachsene. «Bei Kin­ dern ist das Erlebnis wichtig, nicht das Aneignen von Wissen», sagt er. Die Erlebnispädagogik stehe im Vordergrund. In der Kirche angekommen, gibt er ihnen Rätsel und Aufgaben, mit denen sie selbstständig die Kirche erkunden können. Sie er­ halten beispielsweise ein Foto von einem Bild, das in der Kirche hängt. Auf dem Foto hat Brian aber einige Dinge mit Photoshop abgeändert, die Kin­ der müssen die Unterschiede finden. Oft tauchen dann Fragen auf wie: Warum steht der Mann auf der Schlange? Wieso ist der Engel bewaffnet? So KIRCHEN SIND GROSSES KINO AUSBILDUNG ZUM KIRCHENFÜHRER «Ich empfehle die Kirchen- führerausbildung allen, die gerne Geschichten erzählen, die Geschichten ihrer Kirche.» Brian Perry ©Alena Lea Bucher Brian Perry © zVg

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