ENSEMBLE Nr. / N° 61 - September / Septembre 2021

1 1 ENSEMBLE 2021 /6 1 —– Doss i er ode über die Einführung der kirchlichen Trauung für alle entscheidet, eine wichtige Rolle spielen. Denn auch innerhalb der Landeskirche gibt es Differenzen. Das Papier zeigt auf, dass es möglich ist, konstruktiv mit diesen Differenzen umzugehen. Thomas Gerber: Ich denke auch, dass seine Feuertaufe kommt, wenn sich die Berner Landes­ kirche offiziell zu dieser Frage positioniert. Für die evangelischen Gemeinschaften wird sich dann die Frage stellen, wie sie sich zu diesem Entscheid stellen. Im ökumenischen Dialog gibt es das Schlagwort «Einheit in versöhnter Verschiedenheit». Warum ist Einheit für die Kirche wichtig? Und warum muss gleichzeitig Verschiedenheit Platz haben? Thomas Gerber: Jesus hat im hohepriesterli­ chen Gebet (Johannes 17) Einheit als zentrales An­ liegen vorgebracht. Dies lässt erahnen, was für ein kostbares und zerbrechliches Gut Einheit ist. Ohne Einheit geht der Bekenntnischarakter der Kirche gegenüber der Welt verloren. Gleichzeitig sind wir alle verschieden, die Vielfalt entspricht Gottes Schöpfungswillen. In unserer Verschiedenheit be­ zeugen wir die Schöpfungsvielfalt vor Gott. Walter Dürr: Einheit und Vielfalt sind keine Widersprüche, weil Schöpfer und Schöpfung kei­ ne sind. Ein Mosaikbild in der Hagia Sophia in Istanbul zeigt dies schön auf: So wie sich Maria und Johannes dem auferstandenen Christus zu­ neigen, so haben auch wir vielleicht unterschied­ liche Perspektiven und Zugänge zu ihm; aber in­ dem wir uns ihm zuneigen, neigen wir uns auch einander zu. Matthias Zeindler: Jesus bittet um Einheit, da­ mit die Welt glaube. Wenn die Kirche keine Ein­ heit ist, verspielt sie ihre Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. In der europäischen Geschich­ te haben die konfessionellen Spaltungen zu de­ saströsen Ergebnissen geführt. Auch Paulus betont, dass ein Leib ohne seine vielfältigen Glieder nicht funktionstüchtig wäre. Die Glieder werden zu einer Einheit, indem sie als Teil des Leibes dem gleichen Ziel dienen. Bei der reformierten Kirche ist die Vielfalt aus meiner Sicht manchmal zu sehr Selbstzweck, es fällt uns schwer, einander zu er­ klären, was uns eigentlich trägt im Leben. Walter Dürr: Aus England stammt der Begriff «generous orthodoxy»: orthodox in der Wurzel, in Christus, aber grosszügig in der Anwendung an­ gesichts der vielfältigen Welt. Es gilt diese Span­ nung auszuhalten – und als Kirche eine Gesprächs­ kultur zu finden, die den gesellschaftlichen Dialog fördert. Broschüre «Kirchliche Trauung für alle?»: www.refbejuso.ch/trauungfueralle Walter Dürr: «Es gilt, als Kirche eine Gesprächs- kultur zu finden, die den gesell- schaftlichen Dialog fördert.» Walter Dürr: «En tant qu’Eglise, il est important de trouver une culture de la communication qui favorise le dia- logue social.» L’introduction possible du mariage reli­ gieux pour tous révèle des différences notables entre l’Eglise nationale et les commu­ nautés évangéliques. Dans une déclaration commune, les deux parties ont mis en exergue ce qui les unit et les sépare, et pourquoi elles restent néanmoins unies. Par Christine Oefele (interview) et Olivier Schmid (texte) Qu’est-ce qui vous a amenés à chercher le dialogue sur le mariage religieux pour tous? Thomas Gerber: Une réflexion de l’EGW lors d’une discussion avec le Conseil synodal de Refbejuso a été l’élément déclencheur: si l’Eglise nationale adopte une position clairement favorable sur cette question, cela provoquera des tensions. Nous avons donc estimé judicieux de nous réunir avant que cette controverse ne développe une dyna­ mique propre. Walter Dürr: Nous sommes régulièrement en dialogue et avons déjà signé en 2013 la déclaration commune «Vers un témoignage commun». Il était donc logique de se pencher sur cette question. Cette déclaration a fourni une importante base de discussion sur ce sujet délicat. Matthias Zeindler: Avant l’Assemblée des dé­ légués de la FEPS de novembre 2019, de vives dis­ cussions ont opposé publiquement des pasteurs de l’Eglise nationale, on en arrivait même à nier la foi de son contradicteur. C’est ce que nous vou­ lons à tout prix éviter. Heureusement, nous avions déjà établi une culture du dialogue et une base de confiance entre communautés et Eglises nationales. © Adrian Hauser F

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