ENSEMBLE Nr. / N° 62 - Oktober / Octobre 2021

14 Doss i er —– ENSEMBLE 2021 /62 Ö R K Rückblick auf die letzte Vollversammlung Vor acht Jahren fand die letzte Vollversamm- lung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Busan in Südkorea statt. Drei ehe- malige Teilnehmende schauen gemeinsam zurück auf dieses für sie prägende Erlebnis. Von Angela Wagner Er spendet lebensnotwendiges Wasser und steht deshalb oft mitten im Dorf oder auf zentralen Plätzen der Stadt. Historisch gesehen war er ein wichtiger Treffpunkt, was er in vielen Ländern bis heute geblieben ist: der Brunnen. «Der Brunnen wird ein Ort der Begegnung und des Austausches sein, an dem man seinen Durst stillen, eine Be­ sucherin oder einen Besucher grüssen oder eine fremde Person kennenlernen kann.» So steht es im Programm der 11. Vollversammlung des Öku­ menischen Rates der Kirchen. Diese symbolische Bedeutung gefiel mir und ich beschloss, im Vor­ feld der nächsten Vollversammlung in Karlsruhe ein Treffen am Brunnen zu organisieren, um mit drei Menschen zusammenzukommen, die vor acht Jahren an der letzten Vollversammlung in Busan in Korea mit dabei waren. Mein Ziel: hier in Bern in kleinem Rahmen einen solchen Ort der Begeg­ nung schaffen, um gemeinsam auf die Erlebnisse in Busan zurückzuschauen. Mit dabei sind Pfar­ rerin Rebekka Grogg, Kirchgemeinderätin und Lehrerin Rosette Sprecher und Theologe Albrecht Hieber. Erinnerungen kommen auf Im Vorfeld des Gesprächs wurde die Befürchtung geäussert, die Erlebnisse in Busan lägen doch schon acht Jahre zurück. Die Erinnerungen wür­ den mit der Zeit nachlassen und man hoffe, mir noch die Antworten geben zu können, die ich mir für diesen Artikel erhoffte. Doch als wir uns beim Lischetti-Brunnen in der Postgasse in Bern gegen­ übersitzen, scheinen die Erinnerungen keines­ wegs verblasst. Die Vollversammlung sei ein sehr prägendes Erlebnis gewesen, sind sich die drei einig. Christinnen und Christen aus aller Welt kommen dort zusammen, um sich als christliche Weltgemeinschaft neue Ziele zu setzen, grund­ legende Fragen zu diskutieren, sich zu begegnen und zu vereinen. Letzteres klingt sehr idyllisch – vielleicht sogar illusorisch? Meine drei Gäste set­ zen jedenfalls einige Fragezeichen, ob das Ziel der Schaffung einer christlichen Einheit mit einer solchen Versammlung tatsächlich gelingt. Alle drei haben sie Begegnungen erlebt, die sie an der gewünschten Einheit zweifeln liessen und Diffe­ renzen spürbar machten. Einheit aller Christen als Illusion? Kirchgemeinderätin Rosette Sprecher erzählt von einer Begegnung mit einem äthiopischen Priester: «Er kam in seinem grossen Gewand und erinnerte mich an König Salomon. Ich wollte ihm etwas Net­ tes sagen und erzählte, wir hätten bei uns in Bern © Heinz Bichsel Die Teilnehmen- den der letzten Vollversammlung und ganz oben die hier schreibende Journalistin. Les participant-e-s de la dernière Assemblée avec en haut, la journa­ liste qui a écrit cet article.

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