14 Doss i er —– ENSEMBLE 2022 /66 Die International Christian Fellowship (ICF) veranstaltet multimediale Events der Spitzenklasse. Die Gottesdienste decken das Bedürfnis nach Lebensnähe und Einflussnahme. Auch die ICF ist mit Herausforderungen konfrontiert. Von Manuel Schmid* Ein ganz normaler Sonntag 04.45 Uhr: Ich stehe auf, mache Kaffee, überfliege nochmals mein Predigtskript. Danach gehts mit dem Zug von Basel nach Zürich. Um 07.13 Uhr muss ich in der Celebration Hall der ICF-Gründerkirche sein, zum Soundcheck. Ich bin nicht der Erste vor Ort. Die Musiker sind auch bereits da und seit 03.30 Uhr laden Veranstaltungstechniker und andere Volunteers Equipment aus. Nach dem Soundcheck findet eine «Schnittstellenprobe» statt. Sämtliche Übergänge werden durchgeprobt: Der Auftritt der Moderatorin nach dem Einstiegsvideo wird auf die Sekunde getimt. Das anschliessende Gebet muss nahtlos in den ersten Song übergehen. Als Prediger wird mir erklärt, bei welcher Strophe ich mich bereit zu machen habe. Während der Predigt zählt ein Countdown meine verbleibende Redezeit herunter. Bei null betritt die Band die Bühne und begleitet den Übergang zum Gebet. Auch die Interventionen des Worshipleiters werden geübt. Bevor alle auf der Bühne Beteiligten für den Livestream in der Maske noch hergerichtet werden, gibts Frühstück. Dann gehts los mit der ersten «Celebration». Das Programm ist dicht: 9.00 Uhr Celebration für Frühaufsteher im Akustik-Setting (auf Hochdeutsch); 11.00 Uhr Celebration mit gleichzeitigem Kinderprogramm in fünf Altersstufen (auf Schweizerdeutsch); 15.00 Uhr «International Celebration» (auf Englisch); 16.30 Uhr «Spanish Celebration» (mit Übersetzung); 19.00 Uhr Abendcelebration (auf Schweizerdeutsch). Nach fünf Predigtauftritten und einem Bier nach der letzten Celebration reise ich um 22.30 Uhr erschöpft und erleichtert heim. Ein normaler Sonntag bei der ICF Church. Diese persönliche Erfahrung ist einige Jahre her und gibt einen Eindruck der ICF-Gottesdienste. Die Anzahl Gottesdienste und die Abläufe wurden seither angepasst. Die Merkmale und Werte bleiben aber gleich. Eventkultur Das augenfälligste Merkmal ist die Gestaltung als multimediales, Performance-orientiertes Event. Es kann laut, wild und mit Spezialeffekten daherkommen – was der ICF den Ruf einer «Disco-Kirche» eingebracht hat. Es kann aber auch ruhig, in einer «Wohnzimmeratmosphäre» zugehen. Für ICF-Gottesdienste stehen zeitgenössische Eventformate Pate, nicht traditionell-liturgische. Dabei will sich die ICF nicht bei den Jüngeren anbiedern, sondern christliche Gottesdienste neu denken. Mit der Eventkultur antworten die ICF Churches auf den Individualismus unserer Zeit. Sie bauen nicht auf Tradition oder Pflichtgefühl, sondern auf die persönliche Motivation, Teil einer G O T T E S D I E N S T E D E R I C F Ein ganz normaler Sonntag? ICF-Gottesdienst: Ein multimediales Ereignis. Culte d’ICF: un événement multimédia. © ICF
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