10 Doss i er —– ENSEMBLE 2022 /67 Im Gespräch erzählt Angela Elmiger, wie sie die Flüchtlingshilfe erlebt. Sie ist Abteilungsleiterin der Programme Europa / Nahost / Kirchliche Zusammenarbeit und seit Beginn des Krieges involviert. Von Heinz Bichsel* Liebe Angela, du begleitest jetzt die Situation in der Ukraine und in den umliegenden Ländern seit Beginn des Krieges. Was hat dich besonders beeindruckt? Meine tägliche Auseinandersetzung ist vor allem mit Menschen, die in diesem Kontext für HEKS oder für Partnerorganisationen arbeiten, ich bin nicht direkt vor Ort. Beeindruckt hat mich, als ein Mitarbeiter einer Partnerorganisation, die Bargeld in Rumänien an Geflüchtete aus der Ukraine verteilt, erzählte, dass am Anfang eine Frau mit Kindern zu ihnen gekommen ist und gesagt hat, sie könne das nicht so annehmen, sie habe noch nie in ihrem Leben gebettelt. Und dann hat er ihr erklärt, er sehe das so, sie solle das jetzt nehmen und brauchen, und wenn sie später einmal in einer Situation sei, wo sie es weitergeben könne, solle sie es weitergeben. Weitergeben ist auch der Auftrag der langjährigen Partner von HEKS in der Ukraine und in den umliegenden Ländern. Was können sie im Moment leisten? Ja, die Zusammenarbeit mit den bestehenden Partnern ist etwas, worauf HEKS in der aktuellen Krise aufbauen konnte. Viele dieser Partner sind sehr schnell aktiv geworden und haben vor allem in den Grenzgebieten von Rumänien und Ungarn angefangen, Geflüchteten zu helfen. Ein erster Schwerpunkt liegt darauf, Bargeld zur Verfügung zu stellen, weil die Leute sich damit das kaufen können, was sie brauchen. Diese Unterstützung gibt ihnen ein Stück Würde zurück in einer Situation, in der sie sehr wenig Kontrollmöglichkeiten über ihr Leben haben. Ein zweiter Schwerpunkt ist die Integration der Leute, die länger als Vertriebene in Nachbarländern bleiben müssen. Das sind Integrationsprogramme, wie es sie auch in der Schweiz gibt, wo Sprachkurse vermittelt werden oder psychosoziale Unterstützung gegeben wird. In der Ukraine selber steht im Moment die Versorgung der Bevölkerung mit dem Lebensnotwendigen im Vordergrund, mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Medizin, und auch die Vorbereitung für den Winter; also Gebäude mit Heizsystemen winterfest zu machen, Decken und Kleidung zur Verfügung zu stellen. Wie sieht es mit den kirchlichen Partnern aus? Ein wichtiger kirchlicher Partner ist die Reformierte Kirche in Transkarpatien ganz imWesten der Ukraine. Dort hat HEKS mehrere Projekte am Laufen, die gerade jetzt besonders nötig sind. Hier geht es zum Beispiel um ein Spitex-Projekt, durch das ältere Menschen zu Hause unterstützt werden. Ältere und kranke Menschen bleiben oft zurück und der Bedarf ist sehr gross, diese Leute zu versorgen und mit Mahlzeiten zu beliefern. In Ungarn ist das ungarische reformierte Hilfswerk aktiv geworden, in Rumänien ist Diakonia involviert, und in Tschechien wird Hilfe an die Geflüchteten durch die Böhmischen Brüder geleistet. Aber dann gibt es auch verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen, die HEKS unterstützt. Besonders in der Ukraine sind das oft kleine, lokale Organisationen. Die Mitarbeitenden des HEKS schauen, wo First Responders aktiv geworden sind, die unterstützt werden können. Das sind zum Teil Jugendorganisationen, zum Teil Vereine. Es hat sich z. B. schnell ein Verein von Vertriebenen aus Mariupol gebildet. HEKS hat über diesen Verein Geflüchtete z. B. mit Hygieneartikeln versorgt. Andernorts konnten wir Schulküchen unterstützen, die nun zusätzlich für intern Vertriebene kochen. Bei diesen vielen Akteuren und auch bei dieser unübersichtlichen Situation in Kriegszeiten ist die Koordination der Hilfe sehr wichtig. Wie kann sie gewährleistet werden? In der Ukraine selber wird das – wie in den meisten Krisen – von der humanitären Koordination der UNO übernommen. HEKS ist auch Mitglied der Cash Working Group. Diese koordiniert die Kriterien und Beträge für Geldverteilungen. Eine wichtige Koordination für HEKS ist das ACT-Alliance-Netzwerk (Action by Churches Together). Dort findet die Koordination mit anderen kirchlichen protestantischen und orthodoxen Hilfswerken aus Europa statt. Die Hilfe aus der Schweiz koordiniert die DEZA (Direktion für Entwicklung « D R A N B L E I B E N A U C H D A N N , W E N N D I E A U F M E R K S A M K E I T A B N I M M T … » Zusammen helfen
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