19 ENSEMBLE 2022 /67 —– Doss i er tuation wahrgenommen und gut begleitet zu sein. Dieses Gefühl verdankt sie unter anderem den beiden Pfarrpersonen von Ringgenberg, Nicole Staudenmann und Matthias Inniger. Als sich Ende März das ehemalige Heilsarmeehaus mit Menschen füllte, war Nicole Staudenmann rasch vor Ort. Sie habe gefragt, was die Menschen sich wünschten. «Und so wurde schnell klar, dass wir das orthodoxe Osterfest gemeinsam planen und feiern wollen.» Innerhalb weniger Tage hat ein Team aus der Kirchgemeinde mithilfe einer Übersetzerin und der ukrainischen Flüchtlinge eine Feier aufgegleist. «Dieses Fest war so superwichtig für uns. Es war der erste gute Event seit langem», sagt Olga Kuzyo. «Für uns war es berührend, dass die lokale Kirchgemeinde die Zeremonie mit Respekt zu unserer orthodoxen Tradition gestaltet hat.» Seither findet alle zwei Monate ein gemeinsam von Ukrainerinnen und dem Pfarrteam gestalteter Gottesdienst statt. Für Olga Kuzyo ist das gemeinsame Gebet sehr wichtig, zudem schätzt sie es, dass die Türen des Pfarrhauses für sie und ihre Landsleute immer offen seien. «Ich weiss: Egal, was passiert, ich bin nicht allein.» Für Pfarrer Matthias Inniger ist vor allem der partnerschaftliche Kontakt zu den neuen Dorfbewohnerinnen und -bewohnern wichtig. «Ich erlebe die ukrainischen Menschen als sehr selbstorganisiert und klar. Sie fordern Partnerschaft ein und wollen nicht eng betreut werden.» Vielmehr sei es wichtig, gemeinsam zu schauen, was die Menschen bräuchten und was sie selbst mitbrächten. Bei rund hundert Menschen mit individuellen Schicksalen und Bedürfnissen kämen rasch sehr viele Anliegen zusammen. Für das Pfarrteam ist klar: Die Kirche kann nicht eine ganze Sozialstruktur aufbauen. Aber sie kann ihre Angebote für alle öffnen. «Wir bieten den Menschen vor allem auf der spirituellen und rituellen Ebene etwas an. Und wir versuchen, unser Dach der Kirche so zu öffnen, dass alle darunter Platz finden, sodass wir als Kirche möglichst verbindend wirken», sagt Matthias Inniger. Tradition Neben den Kirchgemeinden Innertkirchen und Ringgenberg haben noch andere Kirchgemeinden im Oberland ihre Türen für ukrainische Schutzsuchende geöffnet, an anderen Orten fehlen lokale Engagements bisher weitgehend. Ringgenberg hatte sicher eine gute Ausgangslage, ist sich Matthias Inniger bewusst: Die Begleitung von Flüchtlingen habe im Dorf eine lange Tradition, zudem sei auch die politische Gemeinde aktiv und aufgeschlossen. Auch wenn die Situation nicht überall so günstig sei, ist Matthias Inniger überzeugt: «Einfach mal hingehen und mit den Menschen in Kontakt treten kann man überall.» * Mitarbeiterin Fachstelle Migration Die Kirchgemeinden leisten einen wichtigen Beitrag. Les paroisses apportent une contribution importante. © Selina Leu
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