ENSEMBLE Nr. / N° 67 - September / Septembre 2022

29 ENSEMBLE 2022 /67 —– Fokus Was kann die Kirche in der Thematik tun? Wir sind einerseits sehr dankbar für die finanzielle Unterstützung. Unser Ziel ist es, mit dem Projekt neben der Unterstützung der Betroffenen auf juristischem Weg zu erreichen, dass die Schweiz die EKM endlich einhält – und allen Opfern von Menschenhandel umfassend Schutz bietet. Zudem sind wir froh, wenn die Kirchen Betroffene mit uns vernetzen. Gerade mit den Seelsorgenden arbeiten wir sehr gut zusammen. Sie bieten einen ganz wichtigen Rahmen für die Betroffenen, in dem sie sich öffnen und sich einer Person anvertrauen können. Was sollten Laien tun, wenn sie bei einer Person Verdacht auf Menschenhandel schöpfen? Auf keinen Fall ausfragen! Das kann für die Betroffenen retraumatisierend sein, zudem schwindet so die Bereitschaft, zu einem späteren Zeitpunkt mit Fachpersonen über das Geschehene zu reden. Menschenhandel ist ein extrem heikles Thema, das mit vielen Verletzungen zu tun hat; entsprechend sensibel muss damit umgegangen werden. Wenn Freiwillige aber sensibilisiert und wachsam sind, erkennen sie womöglich potenzielle Opfer. Bei Verdachtsfällen können sie sich an uns wenden. * Mitarbeiterin Fachstelle Migration sichere Fluchtwege und Migrationsmöglichkeiten, wäre der Menschenhandel auf den Migrationsrouten sicherlich weniger lukrativ. Denn in vielen Fällen werden ja die «Reisekosten» vorgeschoben, die eine Person dann unter widrigsten Umständen abzahlen muss. Je beschwerlicher die Reise, desto höher also die Chance, an Personen zu kommen, die es nicht gut mit einem meinen? Ja. Nehmen wir das Beispiel der Ukrainerinnen. Es gibt sicher auch hier Opfer von Menschenhandel, doch der FIZ sind bis jetzt wenig Fälle bekannt. Ukrainische Geflüchtete können sich innerhalb Europas frei bewegen. Damit ist schon ein gewichtiger Teil, der Menschenhandel begünstigt, ausgehebelt. Aber natürlich muss man dennoch achtsam sein, denn eine Ausbeutung ist ja nicht nur auf dem Fluchtweg möglich, sondern auch nach Ankunft, aufgrund der besonders vulnerablen Lage. Was sind eigentlich genau die Merkmale von Menschenhandel? Menschenhandel ist auf ein Ziel respektive auf Profit ausgerichtet: Menschen werden oft mit falschen Versprechen irgendwo hingelockt und dort gegen ihren Willen und mittels Zwang oder Drohungen ausgebeutet. Sie haben dabei keinerlei Selbstbestimmung. Menschenhandel gibt es zudem nicht nur in der Prostitution, sondern auch in anderen Bereichen, etwa in Privathaushalten oder der Landwirtschaft. Warum ist es für Betroffene so schwer, sich aus ihrer Situation zu befreien? Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Neben der Verschuldung spielt auch die Tatsache, dass die Betroffenen in vielen Fällen illegal in der Schweiz sind, eine wichtige Rolle. Ausserdem wird in vielen Fällen gedroht, dass der Familie etwas angetan wird, sollten sie entkommen. Das Projekt «Umfassender Schutz für Betroffene von Menschenhandel im Asylbereich» wird von den reformierten und katholischen Landeskirchen des Kantons Zürich und dem katholischen Stadtverband Zürich finanziert. Die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn unterstützen die Fachstelle für Frauenhandel und Frauenmigration ebenfalls seit Jahren. Géraldine Merz war Referentin am Jahrestreffen des Netzwerks Joint Future der Fachstelle Migration. «Für die Betroffenen ist diese Befragung in vielen Fällen eine zusätzliche Belastung.» «Pour les personnes concernées, cet interrogatoire est dans de nombreux cas un poids supplémentaire.» © Sabine Rock

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