ENSEMBLE Nr. / N° 68 - Dezember / Décembre 2022

20 Doss i er —– ENSEMBLE 2022 /68 P S Y C H I S C H E G E S U N D H E I T Erste Hilfe in Kirchgemeinden Krisen treffen Menschen, die bereits psychische Probleme haben, besonders hart. Damit Kirchgemeinden eine erste Anlaufstelle sein können, bietet der Bereich Sozial-Diakonie «Erste-Hilfe-Kurse» an. Von Adrian Hauser Von einer Krise besonders betroffen sind Menschen, die psychisch bereits vorbelastet sind. Aber auch solche, die finanziell wenig Polster haben oder die durch die Krise ihren Job verloren haben. Rasch kommt man da in eine Abwärtsspirale. Auch hier kann die Kirche helfen. Krankheiten – und damit auch psychische Erkrankungen wie «Schwermut» – werden in der Bibel immer wieder thematisiert. «Krankheit ist ein Urthema der Kirche», sagt beispielsweise Helena Durtschi, Mitarbeiterin des Bereichs Sozial-Diakonie. «Im Alten Testament hat man Kranke stigmatisiert, denn Krankheit wurde als Strafe Gottes verstanden. Deshalb wollte man nichts mit Kranken zu tun haben.» Damals wie heute hätten die Menschen oft mehr unter der Stigmatisierung gelitten als unter der Krankheit selbst. «Jeder zweite Mensch» Damit Mitarbeitende der Kirchgemeinden und insbesondere der Sozialdiakonie psychischen Krankheitsbildern adäquat begegnen können, bieten die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn Erste-Hilfe-Kurse an. Helena Durtschi ist zusammen mit ihrer Kollegin Alena Ramseyer mitverantwortlich für diese ensa-Kurse – beide haben sich als Instruktorinnen ausbilden lassen. «Die meisten Menschen wissen, wie sie reagieren müssen und was zu tun ist, wenn sie auf der Strasse auf einen Unfall stossen. Ganz anders sieht es bei psychischen Erkrankungen und Krisen aus», erklärt Alena Ramseyer. In bestehenden Ausbildungsgängen werde dieses Thema viel zu wenig aufgenommen. «Dabei weiss man heute, dass jeder zweite Mensch mindestens einmal im Leben eine nachhaltige psychische Erschütterung oder Krankheit erlebt», erklärt Helena Durtschi weiter. Vermittlung In den Kursen werden die Teilnehmenden befähigt, Symptome einer psychischen Belastung zu erkennen und darauf zu reagieren. Dabei sind sie auch in einer vermittelnden Rolle, indem sie Fachstellen kennen, die professionell weiterhelfen können. Die Ersthelfenden stellen von sich aus nie eine Diagnose, merken aber, wann es brenzlig wird. Die häufigsten psychischen Störungen sind Burnout, Depression, Angststörungen, Suchterkrankungen und Psychosen. Die erste Hilfe erfolgt nach einem gewissen Schema. Dieses nennt sich «Roger» und steht für: Reagieren, Offenheit zeigen, Geben von Unterstützung und Informationen, Reaktivieren von Ressourcen. Die Teilnehmenden erhalten ein Handbuch, auf dem der Kurs aufbaut. «Man unterscheidet zwischen einer psychischen Erkrankung und Krise», erklärt Alena Ramseyer. Bei einer Krise ist schnelles Handeln gefragt, weil eine Person beispielsweise akut suizidgefährdet ist oder eine Panikattacke hat. Bei einer Krankheit ist etwas mehr Zeit. In jedem Fall geht es aber darum, zu der betroffenen Person Vertrauen aufzubauen. Denn nur durch Vertrauen kann eine Beziehung aufgebaut werden, die an sich schon unterstützend wirken kann. Verschiedene Kurse ausgeschrieben Der Bereich Sozial-Diakonie bietet zwei verschiedene ensa-Erste-Hilfe-Kurse an: Fokus Erwachsene und Fokus Jugendliche. Ab 2023 werden auch Kurse zu spezifischen Themen angeboten. Ein erster Kurs zum Thema «Burnout erkennen und ansprechen» ist bereits ausgeschrieben. Der Kurs wird im März und April durchgeführt. Er richtet sich an Amtsträgerinnen und Amtsträger, Angestellte, Behördenmitglieder und Freiwillige von Kirchgemeinden. Alle Kursausschreibungen befinden sich auf: diakonierefbejuso.ch > Themen > Psychische Gesundheit Allein und niedergeschlagen? Die Kirche hilft! Seul et abattu? L’Eglise vous aide! © Pixabay

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