ENSEMBLE Nr. / N° 69 - April / Avril 2023

24 Kreuz und quer —– ENSEMBLE 2023/69 BERNER «ZEICHEN DER ERINNERUNG» Aufarbeitung eines traurigen Kapitels Die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen bei den sogenannten Verdingkindern sind ein trauriges Kapitel der Schweizer Geschichte. Auch kirchliche Akteure waren daran beteiligt. Die Geschichte soll nun als «Zeichen der Erinnerung» aufgearbeitet werden. Von Annemarie Bieri* Bis in die 1970er-Jahre waren zahlreiche Kinder und junge Erwachsene in der Schweiz von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen betroffen. Im Zeitraum vom 25. Mai bis 8. Juni 2023 plant der Kanton Bern deshalb gemeinsam mit gesellschaftlichen Partnerinnen und Partnern das Berner «Zeichen der Erinnerung» (ZEDER), um an die oft schweren, lebensprägenden Schicksale dieser «Verdingkinder» zu erinnern. Betroffene verbinden damit die Hoffnung, dass ihre Kindheitserfahrungen Gehör finden: damit wir nicht länger wegschauen, sondern uns mit einem lange verdrängten Stück Schweizer Sozialgeschichte auseinandersetzen. Der Kanton Bern war in ländlichen Gebieten von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen besonders betroffen. Neben staatlichen Akteuren waren in den Gemeinden öfter auch kirchliche Repräsentanten in die Vermittlung von «Verdingkindern» involviert. Als Mitglieder in den Armenbehörden waren sie beispielsweise mitbeteiligt bei Abklärungen, ob eine Fremdplatzierung angebracht sei. Oder sie wurden befragt, um die Eignung eines Pflegeplatzes einzuschätzen, oder um ein Verdingkind-Verhältnis zu beaufsichtigen. Schmerzliche Wahrheit Es ist deshalb wichtig, sich auch als Kirche der Verantwortung gegenüber Betroffenen zu stellen. Das von ihnen erfahrene Leid soll ausgesprochen werden können und Unrecht als schmerzliche Wahrheit anerkannt werden. Im persönlichen Gespräch und im aufmerksamen Zuhören werden persönliche Schicksale lebendig und machen betroffen. Und man erahnt, welch gravierende Auswirkungen dies oft für das weitere Leben der betroffenen Menschen hatte. «Für uns Betroffene ist mit der geleisteten Entschuldigung und dem Solidaritätsbeitrag des Bundes von 25 0000 Franken die Sache nicht erledigt. Sie darf nicht erledigt sein, wenn bis heute so viele Betroffene an den Auswirkungen ihrer traumatischen Erfahrungen zu leiden haben. Man muss weiter dranbleiben! Ich hoffe, dass im Sommer möglichst viele junge Leute das ‹Zeichen der Erinnerung› wahrnehmen und sich darüber Gedanken machen, damit Kindern nie mehr solches Kirchliche Arbeitshilfen – zum Download − Ideenkiosk für Begleitveranstaltungen − Arbeitshilfe für Filme – Fragen und Gesprächsanregungen − Arbeitshilfe zu spezifischen Themen (Gestaltung eines Begleitanlasses zur thematischen Vertiefung der Ausstellung) − Liturgische Entwürfe (für kleines Ritual / eine Feier) Website Refbejuso: www.refbejuso.ch/zeichendererinnerung Auskünfte: Annemarie Bieri, Beauftragte Erwachsenenbildung, Gemeindedienste und Bildung, Tel. 031 340 25 06, annemarie.bieri@ refbejuso.ch * Theologin, stellvertretende Leiterin Gemeindedienste und Bildung

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