ENSEMBLE Nr. / N° 71 - Oktober / Octobre 2023

14 Dossier —– ENSEMBLE 2023/71 Alle denken, Gewalt existiert, doch nicht im eigenen Umfeld. Die Wahrheit ist jedoch: Gewalt gibt es überall und sie kann alle treffen. Was bedeutet das? Was tun, wenn ein Verdacht besteht oder jemand selbst übergriffig geworden ist? Wie kann eine Gemeinschaft mit geschlechtsspezifischer Gewalt in der eigenen Kirchgemeinde umgehen? Von Veronika Henschel* und Gabriella Weber** Geschlechtsspezifische Gewalt kennt viele Formen und Facetten. Sie findet überall statt: in der Öffentlichkeit, im Arbeitskontext, in Familien, in Freundschaften oder Partnerschaften oder auch dort, wo wir unsere Freizeit verbringen. Sie kann in allen Schichten passieren – unabhängig von Bildung, religiöser und ethnischer Zugehörigkeit, Einkommen und Alter. Das Ausüben von Kontrolle und Macht spielt eine grosse Rolle, und nicht selten zielt geschlechtsspezifische Gewalt auf Gedanken und Gefühle, Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl ab. Im Folgenden werden einige Orientierungspunkte für den Umgang mit der Thematik geschlechtsspezifischer Gewalt in Kirchgemeinden aufgeführt. Die Liste ist nicht abschliessend und soll eine Orientierungshilfe bieten, um eigene Gedanken weiterzuentwickeln und gemeinsam ins Gespräch zu kommen. Vulnerable Gruppen Besonders verletzliche Personen bedürfen mehr Aufmerksamkeit im Umgang mit Themen wie geschlechtsspezifischer Gewalt. Es ist wichtig, diese Themen zu identifizieren und angemessen anzusprechen. Zu besonders vulnerablen Gruppen können zum Beispiel Kinder und Jugendliche, ältere oder pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Migrationserfahrung gehören. Dabei ist zu beachten, dass sich verschiedene Diskriminierungsformen überschneiden und gegenseitig verstärken können (Intersektionalität). So können beispielsweise Menschen mit Migrationserfahrung nicht nur von geschlechtsspezifischer Gewalt, sondern zugleich auch von Rassismus betroffen sein. Prävention Mit Prävention werden sich nie alle Übergriffe vermeiden lassen. Prävention kann aber die Schwelle höher setzen, überhaupt Gewalt auszuüben. ORIENTIERUNG FÜR KIRCHGEMEINDEN Was tun bei Gewalt Ausserdem wissen Betroffene und andere involvierte Personen eher Bescheid, wie mit einer konkreten Situation umzugehen ist. Präventionsarbeit kann auf vielfältige Art geleistet werden: Richtlinien, Austauschräume oder Sensibilisierung von Fachpersonen und Freiwilligen. Unterstützung bieten können auch diverse Fachstellen (s. Infobox). Es lohnt sich, die Präventionsarbeit heute anzufangen und nicht auf einen konkreten Vorfall zu warten. Fachpersonen involvieren Manchmal fällt dieser Punkt schwer – man will doch selbst Fachperson sein, oder man weiss nicht, wohin genau man sich wenden kann. Vielleicht erscheint ein Vorfall auch als zu klein, man ist sich nicht ganz sicher, ob auch wirklich Gewalt ausgeübt wurde. Fachpersonen sind genau für alle diese Fälle da. Opferhilfeberatungsstellen, Frauenhäuser, Polizei, Ärztinnen, Sozialdienste und spezialisierte Rechtsanwältinnen haben die Zusammenarbeit und Vernetzung in den letzten Jahren verstärkt, damit Betroffenen rasch und effektiv geholfen werden kann.1 Eine ausführliche Liste mit Kontakten ist unter dem Link in der Infobox zu finden. Gegen geschlechtsspezifische Gewalt Geschlechtsspezifische Gewalt ist auch in der Schweiz eine häufige und oft verdrängte Tatsache. Deshalb setzen die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn ein Zeichen und verbinden zwei wichtige Kampagnen gegen Gewalt: «Donnerstags in Schwarz» und «16 Tage gegen Gewalt an Frauen». Den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn ist es ein Anliegen, dass sich die Kirche mit den Betroffenen solidarisiert, sich für ihre Rechte starkmacht und präventiv aktiv ist. Unter untenstehendem QR-Code finden Sie Informationen zu den Kampagnen sowie Kontakte zu Opferberatungsstellen.

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