ENSEMBLE Nr. / N° 72 - Dezember / Décembre 2023

20 Dossier —– ENSEMBLE 2023/72 ROMANDIE Neuer Elan für die Katechese Wie soll der Religionsunterricht für Jugendliche heute am besten gestaltet werden, und was kann gegen das Wegbleiben von Konfirmandinnen und Konfirmanden unternommen werden? Im Jura werden Überlegungen angestellt, wie eine Katechese gestaltet werden müsste, die der heutigen Zeit entspricht. In zwei Kirchgemeinden werden Pilotprojekte lanciert. Von Nathalie Ogi In den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn ging die grosse Reform der Katechetik in den 90er-Jahren über die Bühne. Das ist nun schon 30 Jahre her. Im Bezirk Jura wurde diese Arbeit von der Kommission «Comcat» geleistet und führte zur «neuen Katechese»: einem Religionsunterricht, der an alle Altersstufen angepasst ist, der das Individuum ins Zentrum stellt und von Teams geleistet wird, die sich aus Freiwilligen und Profis zusammensetzen. Diese engagieren sich dafür, Werkzeuge und pädagogische Mittel einzusetzen, die immer wieder auf den neusten Stand gebracht werden. Diese neue, subjektorientierte Katechese verfolgte das Ziel, Jugendliche zum Nachdenken über sich selbst anzuregen, ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen. Die Absicht dahinter war nicht, Wissen zu generieren, sondern gemeinsam mögliche Antworten zu finden. «Eine damals sehr angemessene Methode», erinnert sich Céline Ryf. Die Berufskatechetin arbeitet Teilzeit im Kirchgemeindezusammenschluss «Par8» und leitet zurzeit das Projekt «Zukunft der Katechese». Sie selbst war in den 90er-Jahren Konfirmandin in Moutier. Seither hat sich vieles stark verändert. Damals richtete sich der Unterricht an Klassen von gut und gerne 30 Jugendlichen. Er war somit auf grosse Gruppen ausgerichtet, die zur Hauptsache von freiwilligen Katechetinnen und Katecheten betreut wurden. Die Katechese war zwar auf das Individuum ausgerichtet, aber in der Praxis wurde der Unterricht durch das Kollektiv gestaltet. Veränderungen Inzwischen wurde das Katechetik-Team umgestaltet und besteht mehrheitlich aus Berufskatechetinnen und -katecheten sowie Pfarrpersonen. Die Freiwilligen befinden sich in der Minderheit. Gleichzeitig ging die Anzahl von Konfirmandinnen und Konfirmanden stark zurück. «Heute zählen wir in einem Schuljahr noch ca. 14 Jugendliche, und das im Gebiet von vier Kirchgemeinden», gibt Céline Ryf zu bedenken. D Das Phänomen ist sicher auch zurückzuführen auf das wachsende Desinteresse der Öffentlichkeit für Religion und die Institution Kirche ganz allgemein, korreliert aber auch mit dem neuen Interesse für andere Glaubensrichtungen oder Formen der Spiritualität, hält Céline Ryf fest. Diese neue Katechese, die ihre guten Tage gehabt und viele Leute überzeugt hat, ist somit teilweise obsolet geworden – nicht in Bezug auf die Pädagogik, aber in Bezug auf die Methode. «Heute geht es nicht darum, alles von Grund auf neu zu gestalten, aber es bietet sich die Gelegenheit, das Angebot aus der Sicht von 2023 zu hinterfragen und die heute herrschenden Realitäten zu berücksichtigen.» Es geht darum, die Animation neu zu überdenken und dabei den Rückgang der Pfarrerstellen sowie die Arbeitsbedingungen der Katechetinnen und Katecheten in die Überlegungen mit einzubeziehen. Letztere haben in der Regel kleine Arbeitspensen und stehen daher unter Druck, wenn sie Aktivitäten organisieren. Zwei Pilotprojekte Mit dem Auftrag, entsprechende Überlegungen im französischsprachigen Bezirk anzuregen, begleitet Céline Ryf seit Anfang Jahr zwei Pilotprojekte in zwei Dialog-Kirchgemeinden: in der reformierten französischen Kirchgemeinde Bern sowie in vier Kirchgemeinden von «Par8» im Berner Jura: Moutier, Grandval, Bévilard und Court. In der Kirchgemeinde in Bern wurde festgestellt, dass die neue Katechese einen unerwarteten Nebeneffekt hatte, nämlich eine gewisse Abschottung des Religionsunterrichts, der abseits von anderen Gruppen der Kirchgemeinde stattfand. «Das Pilotprojekt unternimmt deshalb den Versuch, die Katechese wieder ins Zentrum der Kirche zu stellen, in Verbindung mit den anderen, vor allem mit den Älteren.» Ab November wurden generationenübergreifende Angebote geschaffen, etwa mit einer Wandergruppe oder einem Gottesdienst, den die Jugendlichen mitgestalten und zu dem die Eltern eingeladen sind und der mit einem Essen abgeschlossen wird. Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Kinoliebhabern von «CinéClap» sind zudem nach der Filmvorführung generationenübergreifende Aktivitäten vorgesehen. Brachte der Gottesdienst früher noch die Generationen zusammen, blicken wir heute auf leere Bänke. Es geht deshalb darum, Angebote zu finden, die Brücken schlagen und es den Menschen ermöglichen, sich wieder in der Kirchgemeinde einzufinden. Das zweite Pilotprojekt betrifft den Zyklus 3 von «Par8», mit je einem Team bei jeder beteiligten Gemeinde. In der Testphase stellen ein Berufs-

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