26 Fokus —– ENSEMBLE 2023/72 gegengenommen werden können, muss die Leitung offen bleiben. Thematisch geht es oft um Probleme innerhalb der Familie oder in der Beziehung. Arbeit und Ausbildung sind ein Thema, aber auch finanzielle Sorgen, Sucht, Trauer, Suizidalität, Sexualität und Spiritualität. Unterschiedliche Kanäle «30 Prozent der Anrufe kommen in der Nacht», erzählt Franziska Nydegger. «In der Nacht werden die Sorgen grösser, die Gedanken kreisen und die Einsamkeit macht sich stärker bemerkbar.» Es sind oft Personen, die kaum ein soziales Umfeld und keine Bezugspersonen haben, auf die sie sich abstützen können. Dass die Personen dabei immer anonym bleiben, ist eine wichtige Grundvoraussetzung, wie auch die konfessionelle Neutralität. Die Dargebotene Hand stellt auch keine Diagnosen, sondern verweist Betroffene in einer Akutsituation an die richtigen Anlaufstellen. Der Dienst ist rund um die Uhr per Telefon, Chat oder Mail erreichbar. Am Telefon oder im Chat erhalten die Hilfesuchenden sofort eine Antwort, beim Mail dauert es maximal 48 Stunden. Jede Kontaktaufnahme wird ernst genommen. Angebot wird durch Freiwillige erbracht Auf der anderen Seite der Linie stehen bei der Stelle in Bern über 60 Freiwillige, welche die Anfragen entgegennehmen. Sie haben ein Pensum von 20 bis 25 Prozent, 80 Prozent der Freiwilligen sind Personen im Ruhestand, die der Gesellschaft auf diese Weise etwas zurückgeben wollen. Es sind auch Freiwillige darunter, die einen kirchlichen Hintergrund haben. Die Dargebotene Hand wird denn auch von den Kirchen – darunter die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn – mit namhaften Beiträgen unterstützt. Die Freiwilligen erhalten vor dem Einsatz eine umfassende Schulung, um Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen zu begleiten, zusätzlich tauscht man sich regelmässig im Rahmen von Supervisionen aus. Denn die Gespräche können belastend sein. Doch die Dankbarkeit der Betroffenen ist jeweils gross, wodurch man etwas zurückerhält. Angesichts der hohen Nachfrage des Angebots führt die Dargebotene Hand rund alle zwei Jahre einen Ausbildungskurs durch. Die nächste Ausbildung startet im März 2024. www.143.ch Tel 143 Die Dargebotene Hand hilft Menschen in schwierigen Lebenssituationen anonym und unkompliziert per Telefon, Chat oder E-Mail. Aufgrund der konstant hohen Nachfrage sucht die Organisation immer wieder neue Freiwillige. Von Adrian Hauser «Die Psychiatrien sind überfüllt und es ist oft schwierig, einen Therapieplatz zu finden, viele Angebote sind überlastet», sagt Franziska Nydegger, Stellenleiterin der Dargebotenen Hand in Bern. Manche Menschen wenden sich deshalb an die Dargebotene Hand, um ihre Sorgen und Nöte besprechen zu können. Pro Jahr erhält die Dargebotene Hand Bern rund 25 000 Anrufe und Kontaktaufnahmen. Tendenz: steigend. Die Nummer 143 ist rund um die Uhr anonym erreichbar. Es sind Personen aus allen Bevölkerungsschichten, die sich melden. Von der einsamen Seniorin, der belasteten Mutter bis hin zu Lehrpersonen oder Fachleuten aus diversen Berufen. Oft sind es auch Menschen, die in ihrem Arbeitsalltag überlastet sind und hie und da ein offenes Ohr brauchen. Aber auch Personen in der Arbeitslosigkeit rufen an oder solche, die ein diagnostiziertes psychisches Leiden wie Schizophrenie oder Depressionen haben. Bei ihnen geht es oft um Alltagsbewältigung. «Für manche Leute sind wir eine wichtige Stütze im Alltag», berichtet Franziska Nydegger. Mehr als ein Anruf pro Tag von derselben Person ist jedoch nicht möglich. Denn damit alle Telefonanrufe entDIE DARGEBOTENE HAND Handreichung mit offenem Ohr Franziska Nydegger © Adrian Hauser
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