ENSEMBLE Nr. / N° 75 - September / Septembre 2024

25 ENSEMBLE 2024/75—– Kreuz und quer «Ich hoffe, dass der Weg von Kirche und Queerness weitergeht.» «J’espère que le chemin de l’Église et du Queer se poursuive.» Unter dem Motto «Bunt. Laut. Bern» fand am 3.August 2024 in Bern die queere Pride-Demonstration statt. Etwas leiser, aber nicht weniger bunt und feierlich war der Pride-Gottesdienst tags darauf in der Christkatholischen Kirche in der Berner Altstadt. Er ist Teil eines neuen Angebots von queeren ökumenischen Gottesdiensten in Bern und Biel. Von Mathias Tanner* Die queeren Gottesdienste organisiert ein Team von Mitarbeitenden und Mitgliedern der drei Berner Landeskirchen, der Evangelisch-Methodistischen Kirche sowie von queeren Vereinen. An diesen Gottesdiensten werden in den Predigten, Gebeten und Liedern queere Menschen und ihre Erfahrungen, Bedürfnisse und Hoffnungen angesprochen. Diese Gottesdienste sollen einen Raum schaffen, in dem sich queere Menschen so akzeptiert fühlen, wie Gott sie geschaffen hat. Queerfeindlichkeit in Kirchen Diese Akzeptanz berührt viele, weil sie mit einigen Gläubigen und Kirchen auch schon negative Erfahrungen gemacht haben. So sagt der Mitorganisator Kurt Hofmann vom Verein hab queer bern: «Für mich ist der Pride-Gottesdienst sehr wichtig, weil ich als junger Mann einmal eine Konversionstherapie gemacht habe. Dort machte ich ganz schlechte Erfahrungen und litt sehr darunter. Für mich sind queere Gottesdienste ein Zeichen dafür, dass queere Menschen genauso in die Schöpfung passen wie alle andern auch. Man soll uns nicht ausgrenzen, das ist mir ein Anliegen.» Darum war eine der Forderungen an der Pride-Demonstration in Bern ein gesamtschweizerisches Verbot von «Konversionstherapien», die von einigen evangelikalen Akteuren angeboten werden. Wunsch nach Akzeptanz Gleichgeschlechtliche Paare können inzwischen in einigen Kirchen heiraten. Dies wünscht sich auch Francesca Shore vom Verein BernPride: «Ich bin in einer katholischen Familie aufgewachsen. Auch wenn ich vieles an der katholischen Kirche kritisiere, bin ich noch nicht ausgetreten. Dies, weil ich gerne meine zukünftige Partner:in in der katholischen Kirche heiraten möchte. Ich fände das schön und will nicht, dass für queere Menschen in der katholischen Kirche kein Platz ist.» Der Pride-Gottesdienst hat Francesca gefallen: «Ich gehe sonst eigentlich nicht in die Kirche. Ich war KIRCHEN UND GESCHLECHTLICHE VIELFALT Queere ökumenische Gottesdienste überrascht, hier Wörter wie ‹queer› und ‹schwul› zu hören. Das hörte ich in einer Kirche noch nie. Das fand ich sehr schön. Und es war so selbstverständlich. Das Schönste war die Orgel, die den Eurovisions-Siegersong ‹The Code› gespielt hat – das ist eingefahren!» Aufeinander zugehen Einen Weg zu mehr Akzeptanz von queeren Menschen in Kirchen skizziert Mitorganisator Roland Weber vom Verein Zwischenraum: «… ich wünsche mir gerade für die Freikirchen, dass sie offener werden, auf uns Menschen zugehen und unsere Lebenssituationen und Lebensgeschichten zu Herzen nehmen und entdecken.» Die queeren Gottesdienste bieten Gelegenheit, sich kennenzulernen und auszutauschen. Denn sie sind offen für alle – unabhängig von Herkunft, Konfession, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität. Den Wunsch nach einer gegenseitigen Annäherung unterstützt auch Judith Pörksen Roder, die Synodalratspräsidentin der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn: «Ich hoffe, dass der Weg von Kirche und Queerness weitergeht. Ich hoffe, dass diese Gottesdienste zur Tradition werden, denn damit bekommt Queerness auch Raum in unserer Kirche.» Nächste queere Gottesdienste: – Sonntag, 10. November 2024, 10.30 Uhr, Heiliggeistkirche Bern – Mittwoch, 25.Dezember 2024, 18.00 Uhr, Stadtkirche Biel * Mitarbeiter Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn zVg.

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