16 Fokus —– ENSEMBLE 2024/76 Die Sozialdiakonin von Thunstetten nimmt Kinder unter Bäumen auf eine fantasievolle Reise durch die Schweiz mit. Von Markus Dütschler Nun sind sie bei der Waldhütte angekommen, die zwanzig jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kinderkirche, die in der reformierten Kirchgemeinde Thunstetten unter der Abkürzung KiKi bestens bekannt ist. An diesem Samstag im Oktober begeben sie sich rund um eine Waldhütte bei Bützberg im Oberaargau auf eine weitere Etappe ihre Schweizer Reise. Heute führt diese Tour in den «Kanton Zürich». Die Kinder werden aus bereitgestelltem Material grosse Kugeln basteln und aufeinander montieren, bis daraus ein Böögg entsteht, ganz ähnlich der Figur, die im Frühjahr jeweils zu Sechseläuten in der Stadt Zürich verbrannt wird. Auch ein Spritzgefecht mit Wasserpistolen steht auf dem Programm, angelehnt ans Zürcher Knabenschiessen. Diese thematische Verknüpfung zwischen Kanton und Aktion mit den Kindern zeichnet den Morgen aus. SOZIALDIAKONIE Im Wald werden aus Kindern kleine Chefs Die Reiseleiterin heisst Cornelia Schrammel. Die 42-jährige Sozialdiakonin stammt aus dem ostdeutschen Erzgebirge, wo sie in ihrer Kindheit noch die letzten Jahre der DDR miterlebt hat. Seit sechzehn Jahren lebt sie in der Schweiz. Schrammel, die in Deutschland eine Pastorenausbildung absolviert hat, ist seit sieben Jahren in der Kirchgemeinde Thunstetten als Sozialdiakonin tätig. Sie hat mehrfach erlebt, dass Kinder traurig waren, wenn sie nach dem Übertritt in die vierte Primarschulklasse nicht mehr in der KiKi mitmachen konnten. Bald nach ihrem Dienstantritt in Thunstetten überlegte sie sich, wie diese Kinder noch etwas länger dabeibleiben könnten. Die Lösung: Diese Kinder werden zu Chefs. Wobei Chef etwas zackig formuliert ist. Die Kinder werden als sogenannte Mitleitende geschult. In Ausbildungseinheiten, die zum Teil lediglich eine Stunde in Anspruch nehmen, machen sie den kleinen, aber entscheidenden Schritt von einfachen Teilnehmenden zu Vorgesetzten mit Instruktionsfunktion. Da geht es darum, sich vor nur unwesentlich jüngeren Kindern hinzustellen und die Regeln eines Spiels so zu erklären, dass es auch die kleinsten verstehen, die noch im Kindergarten sind. Die kleinen Chefs merken, dass sie in dieser Funktion auch einen Teil der Verantwortung auf sich laden. Nun weiss man, dass Juniorenförderung ein entscheidendes Erfolgsrezept ist, um Talente frühzeitig zu erspähen. Ist in Thunstetten bereits das eine oder andere Kirchenratsmitglied rekrutiert worden, das seine Leitungsgehversuche in der KiKi erlebt hat? «Nein, das nicht», sagt die Sozialdiakonin und lacht. So schnell gehe es dann doch nicht, schliesslich seien alle Teilnehmenden immer noch Kinder. Was ist das spezifisch Christliche oder Reformierte in der KiKi? Die Spiele im Wald mit Sport und Spiel, mit Feuerwerkknallern in der Böögg- Figur könnte auch in einer rein weltlichen Jugendgruppe stattfinden. Religiös ist der Einstieg in den Tag. Nach dem Eintreffen der Kinder am Sammlungsort gibt es ein kleines Anspiel. «Wir führen eine biblische Geschichte auf», sagt die Sozialdiakonin. Dabei helfen auch die Minileitenden mit, die vor dem Eintreffen der anderen Kinder mit dem Thema bekannt gemacht werden. «Sie spielen eine kleine Rolle und müssen auch imstande sein, etwas zu improvisieren», sagt Schrammel. © Lenka Reichelt
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=