19 ENSEMBLE 2024/76 —– Fokus und die Orgelpfeifen. Die monatelangen Reinigungsarbeiten unter Zuzug einer Spezialfirma seien unglaublich aufwändig gewesen, erinnert sich Riesen. Seither ist die Kirche nur noch von morgens neun bis abends sechs Uhr zugänglich. «Eigentlich ist das schade, aber es geht nicht anders», bedauert Riesen. Der Sigristin gefällt, dass dieses Amt heute partnerschaftlicher funktioniert. Zu Zeiten ihres Vaters sei es schon noch so gewesen, dass der Pfarrer vorgab, was gemacht wird. «Dem Pfarrer zu widersprechen, getraute sich mein Vater nicht, er hat sich dann am Mittagstisch den Frust von der Seele geredet.» In seiner Sigristenzeit war er zugleich Friedhofsgärtner und Totengräber. Als junge Frau absolvierte Barbara Riesen eine kaufmännische Lehre und dachte keineswegs, «dass ich das dann unbedingt übernehmen muss». Wie der Job funktioniert, wusste sie genau. «Manchmal habe ich am Samstag Hochzeiten betreut, damit die Eltern auch einmal freinehmen konnten», denn ein Sigristenamt fordere einen manchmal an sieben Tagen in der Woche, wenn auch unregelmässig intensiv. Als die Frau gratis mitarbeitete Bei den Altvorderen galt es als selbstverständlich, dass die Ehefrau des Sigrists mitarbeitete, ohne dafür extra bezahlt zu werden. Erst später habe auch die Ehefrau einen Lohn erhalten. Der erste Vorfahr, der in der Zeit um 1850 sein Amt antrat, war laut Riesen ein armer Mann, der nur einen kleinen Lohn erhielt und laut Stellenbeschreibung gehalten war, «für Zucht und Ordnung zu sorgen». Immerhin wurde er an der Kirchenmauer beigesetzt – so wie die Pfarrer. Heute ist es Riesens Ehemann, der ihr hilft, indem er etwa kleinere Reparaturen vornimmt. Heute seien Sigristen und Pfarrpersonen schon zu Lebzeiten gleichgestellter als früher, sagt Riesen. «Wir verkehren partnerschaftlich auf Augenhöhe.» Die Pfarrpersonen schätzten die Arbeit der Sigristinnen und Sigriste und seien froh, dass jemand gut über alles Bescheid wisse. Und wenn die Sigristin herumtollende Kinder auf der Orgelempore zurechtweist, geschieht dies in einem anständigen Ton – und selbstverständlich ohne «Chlapf». Barbara Riesen hat eine Tochter und einen Sohn. «Ich glaube eher nicht, dass eines meiner Kinder einmal meine Arbeit übernimmt.» Dafür gebe es ein Mädchen in der weiteren Verwandtschaft, das sich sehr für diese Tätigkeit interessiere und unbedingt Sigristin werden wolle. «Allerdings wohnt sie nicht in Schwarzenburg.» Immer wieder gibt es beglückende Begegnungen, sei es drinnen oder draussen. Etwa dann, wenn Barbara Riesen den Garten pflegt und vorbeiziehende Wandersleute ihr ein Kompliment für die Blumenpracht machen. Einfach irgendwo Büros reinigen oder ein Schulhaus – das wäre für sie keine Alternative. «Die Arbeit in dieser schönen geschichtsträchtigen Kirche ist schon etwas Besonderes.» © Markus Dütschler Barbara Riesen
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